Ich zähle zu den Menschen, die Jeff Bezos, den Gründer von amazon.com, wegen seiner enormen Intelligenz, seines Pioniergeistes und seiner unternehmerischen Fähigkeiten bewundern. Um ein Unternehmen wie Amazon aufzuziehen, benötigt man natürlich neben hoher Intelligenz bestimmte Charaktereigenschaften, die die Kritiker und Neider dem Amazon-Chef anlasten. Doch hat jemand sich je seine sympathischen Kinderbilder und sein noch heute fröhliches Lachen genau angesehen? Er ist beseelt von seiner Idee und ordnet dieser alles unter. Das kann für Dritte schmerzhaft sein. Doch nur so kann Bezos erfolgreich bleiben. Sein eigentliches Problem könnte darin bestehen, einmal nachzugeben. Die großen Räder, an denen er dreht, lassen Nachgeben nicht zu.
Viele nennen Bezos einen Kontrollfreak. Ein Unternehmen kann aber nur wirklich gedeihen, wenn der Besitzer alles im Blick hat. Je größer ein Unternehmen wird, desto schwieriger wird dies und man muss sich auf sein Führungspersonal verlassen können. Laut Angaben in der Firmenphilosophie treffen diese Leader meistens die richtigen Entscheidungen, denken anders und um die Ecke und suchen nach neuen Wegen, um den Kunden zu dienen. Der Erfolg gibt Bezos bislang Recht, was seine Firmenphilosophie anbelangt, die man auf den letzten Seiten des vorliegenden Buches nachlesen kann, aber auch auf amazon.de. vorfindet.
Der Wirtschaftsredakteur der Frankfurter Allgemeinen Carsten Knop hat die Entwicklungen um Amazon und Jeff Bezos aus nächster Nähe mitverfolgt und schreibt auf Seite 56 (das stand auch kürzlich in der FAZ), dass es erste Branchenbeobachter gäbe, die glauben, dass das Bewertungssystem von Amazon marode und dass es möglicherweise gar die Achillesferse des Unternehmens darstelle. Dabei bezieht sich der FAZ-Wirtschaftsredakteur auf die Website von forbes.com. Das wird Bezos auch gelesen haben und sich aufgrund der fatalen Entwicklung schon längst Gedanken machen und gegensteuern. Ich gehe davon aus, dass er bis Ende des Jahres die Schwachstellen des Systems bereinigt hat. Seine analytischen Fähigkeiten, gepaart mit seinem Willen erfolgreich zu bleiben, lassen nicht anderes zu.
Carsten Knop hat mir nicht viel Neues berichten können, denn ich habe vor geraumer Zeit "Mr. Amazon" und zahllose Berichte in Zeitungen gelesen, in denen auch nicht unkritisch mit dem Unternehmen umgegangen wird. Das mindert jedoch nicht den Wert des vorliegenden Buches. Im Gegenteil. Auch in Knops Werk kann man sich die Vita des Firmengründers vor Augen führen, liest über seine Kindheit, seinen beruflichen Werdegang und seine Firmengründung im Jahre 1994 in den USA. Auch die Geschichte mit der Bestellung mit einem Klick kommt zur Sprache und das Treffen Carsten Knops mit Jeff Bezos.
Man liest über die Anfänge von Amazon in Deutschland und das Prinzip des Wachsens, über den Marktplatz für Drittanbieter, die Sparerfolge und über die Amazon- Aktie. Sehr interessant sind die Betrachtungen Knops im Hinblick auf Amazon und die Verlage sowie dem Handel und es wird klar, dass Amazon offenbar tatsächlich über die besseren Leader verfügt, weil sie rascher Wettbewerbsvorteile erkennen und nutzen und bislang von staatlichen Stellen an ihrem Tun nicht gehindert wurden, trotz entsprechender Forderungen der sich benachteiligt Fühlenden.
Mittlerweile übrigens haben sich mindestens 20 % des Buchhandels bei uns ins Netz verlagert, (S.64). Amazon allerdings ist schon weiter und bietet fast alles an. Damit stellt Amazon nicht nur für Buchhändler eine starke Konkurrenz dar. Amazon ist allen anderen einfach Meilenschritte voraus.
Das Kindle wird im vorliegenden Buch ebenso thematisiert, wie die Rivalität zwischen Google und Amazon und es kommen "Big Data- Projekte" zur Sprache. Diese hier im Rahmen einer Rezension näher zu erläutern führt zu weit. Die Möglichkeit des Missbrauchs scheint gegeben zu sein. Das festzustellen und eventuell zu unterbinden, ist eine Aufgabe des Datenschutzes.
Eine Fülle von Schräglagen, auch im Bereich der Arbeitsplätze kommt bei Knop zur Sprache, von denen ich vermute, dass sie sehr bald ebenso beseitigt werden, wie die Schräglagen auf der Verkaufsplattform.
Ein so rasch wachsendes Unternehmen kann nicht perfekt sein, aber Bezos wird nach der Phase des ersten Wachsens nun Mängel bereinigen, so meine Analyse dieses klugen Kopfes, da er ja viel mehr will. Ich denke nicht, dass es ihm primär um Geld und Macht geht, obschon sie ein Ergebnis seines Tuns verkörpern. Ihm geht es meines Erachtens darum, etwas Großes, Neues, am Ende geradezu Perfektes zu entwickeln. Dabei nimmt er in Kauf, dass Altes untergeht. Das ist bitter für alle Verlierer, d.h. für alle, die nicht erkennen wollten und wollen, dass die Zukunft sich nur noch im Internet abspielt.
Lesenswert.
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