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Rezension: Peter J. König: Griechenland unter Hitler- Das Leben während der deutschen Besatzung 1941 – 1944 Mark Mazower -S. Fischer

Der Autor dieses Buches, erschienen im S. Fischer Verlag mit dem Titel "Griechenland unter Hitler, das Leben während der deutschen Besatzung 1941 – 1944" ist der Historiker Mark Mazower. Er hat in Oxford und Bologna studiert, lehrte an der Birkbeck University of London und in Princeton und ist heute Professor für Geschichte an der Columbia University, New York. 

In seinem Werk betrachtet er akribisch, wie die Nazis Griechenland überfallen und mit welchen mörderischen Methoden sie während der Besatzung das Land und die Menschen ausgebeutet haben. Im Gegensatz zu den Italienern, sie hatten den südwestlichen Teil des Landes okkupiert und ohne massive Repressalien verwaltet, wurde der Nordosten Griechenlands von der deutschen Armee mit brachialen Mitteln unterdrückt. Der sich daraus entwickelnde Widerstand hatte Mord und Raub an der Zivilbevölkerung zur Folge, wobei weder die SS-Einheiten noch die reguläre Truppe es an Willkür und Brutalität fehlen ließen. 

Hinzu kam die systematische Vertreibung und Ausrottung der jüdischen Bevölkerung, zunächst in dem von der deutschen Wehrmacht besetzten Teil im Nordosten von Griechenland und auf den griechischen Inseln, später dann als die Italiener sich aus Griechenland zurückgezogen hatten im ganzen Land. Dabei wurden die griechischen Juden in Viehwaggons ins Vernichtungslager Ausschwitz nach Polen deportiert, ihre Häuser samt aller Habseligkeiten auf obskure Weise unter den Kollaborateuren in der griechischen Bevölkerung verteilt. Weder die SS noch die sonstigen Wehrmachtsangehörigen haben dabei sich an irgendwelche rechtlichen Normen gehalten, etwa Kriegsrecht, ganz im Gegenteil, sie haben gemordet, vergewaltigt, geraubt und sonstige Gräueltaten an der Bevölkerung verübt. 

Dabei war es völlig gleichgültig, ob es sich um Vergeltungsaktionen aufgrund von Partisanenangriffen gehandelt hat, oder ob es dabei nur um die reine Mordlust brutalster Führungsoffiziere gegangen ist. Einhergehend wurden ganze Dörfer in Brand gesteckt, Alte, Frauen und Kinder auf bestialische Weise erschossen oder aufgehängt, nur um zu erfahren ob die wehrfähigen Männer sich dem Widerstand angeschlossen hatten. Alles Verwertbare, sei es Vieh, Nahrung wie Olivenöl oder Getreide, aber auch sämtliche Wertgegenstände in den Häusern wurden eingesammelt und weggeschleppt. 

Auf diese Weise ist nicht nur der Widerstand gegen die deutschen Besatzer angefacht worden, es entstand ein Hass gegen alles was deutsch war, der heute noch in der griechischen Bevölkerung in Erinnerung ist. Die Nationalsozialisten haben in brutaler Weise die griechische Bevölkerung unterdrückt und die Spuren ihres Handelns sind bis heute noch sichtbar, sowohl in der wirtschaftlichen Misere, als auch in den Jahrzehnte langen Folgen des Bürgerkriegs, der sich nach dem Abzug der Deutschen im Land abgespielt hat. 

Während Russland versucht hat seinen kommunistischen Einfluss in Griechenland zu manifestieren, durch die Unterstützung des linken Widerstands, haben die Nazis mit Hilfe von willigen Kollaborateuren westlich orientierte Schutztruppen im Land zuvor aufgebaut. Dies führte zur Spaltung der Bevölkerung und zu einem blutigen Bürgerkrieg, der an Brutalität mit den nationalsozialistischen Besatzern gleich kam. 

Noch heute leidet das griechische Volk an den Folgen und an der Polarisierung von links und rechts, zumal auch das Militär geputscht hat, wenn es darum ging die eigenen Pfründe zu sichern und linke Regierungen abzusetzen. Der Autor Mark Mazower hat sehr anschaulich beschrieben, welches Leid, welches Chaos und welche Angst die Nazis in der griechischen Bevölkerung durch ihre barbarischen Taten ausgelöst haben. Dabei stützt er seine Aussagen auf eine Fülle von verlässlichen Quellen, wobei ihm die deutsche Gründlichkeit sehr zur Hilfe kam, denn alle Aktionen, seien sie noch so brutal und unmenschlich wurden von den deutschen Besatzern akribisch registriert und auf notiert. 

Durch diese Akten war es Mazower möglich, den grausamen Alltag der unterdrückten Griechen in seinem Buch deutlich zu machen und aufzuzeigen welches Leid den unzähligen Familien in Griechenland durch die Deutschen angetan wurde. Bei einem solchen Hintergrund wird auch klar, warum das Verhältnis der Griechen zu Deutschland noch immer unterschwellig belastet ist. 

Sehr empfehlenswert 

Peter J. König

Überall im Fachhandel erhältlich

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Rezension: Russensommer- Cornelia Schmalz-Jacobson

Die 1934 in Berlin geborene Cornelia Schmalz-Jacobson arbeitete als Journalistin und war von 1988 bis 1991 Generalsekretärin der FDP. Weiterhin war sie u.a. Senatorin von Berlin, Mitglied des Deutschen Bundestages und von 1991- 1998 Ausländerbeauftragte der Bundesregierung. Heute lebt sie als freie Autorin in Berlin und ist ehrenamtlich in internationalen, humanitären Organisationen tätig. 

In ihrem spannend zu lesenden Buch erinnert sie sich an ihre Befreiung vom Nazi-Regime. Cornelia Schmalz-Jacobsen erlebt das Kriegsende in Mecklenburg- Vorpommern im Haus ihres Onkels.  

Sie ist die Tochter von Nazigegnern, deren Eltern Juden und Polen versteckten und die früh bereits begriff, welch abgründige Personen diese Nazis waren. Sie berichtet von ihrer Angst vor Bomben als Neunjährige als sie 1943 in Berlin Luftangriffe miterlebte. Noch heute erinnern sie manche Silvesterraketen eines ähnlichen Pfeiftons wegen an diese Bomben. Noch heute kann sie diese Geräusche nur schwer ertragen, weil sogleich die Bilder von Krieg und Zerstörung vor ihrem geistigen Auge erscheinen. 

Die kleine Cornelia wird zu ihrem Onkel auf den Darß in Sicherheit geschickt, wo sie das Leben zunächst als Idylle wahrnimmt. Aber sie erinnert sich auch an das, was sie in der Schule damals erlebte und wie man den Kindern Hitler als eine Art Gottfigur vermittelt hat. Der Unterricht war also nicht frei von Ideologie und Gehirnwäsche, wie sie  bestätigt. 

Cornelia ist ein hellwaches Kind, das vieles wahrnimmt, auch die "dunklen Flecken". So gab es auf dem Darß zwei Außenlager des Konzentrationslagers Neuengramme in Hamburg und in der Stadt Barth Tausende von Zwangsarbeitern, die Sklavenarbeit verrichten mussten. Mehr als zweitausend von ihnen sollen gestorben sein. Sie schreibt von dem Denunziantum im Hitlerstaat  und von den Delikten, die bei den Zwangsarbeitern mit dem Tod endeten. Eines davon war der Geschlechtsverkehr mit einer deutschen Frau. 

Die Autorin berichtet von der Legendenbildung der Nazis im Hinblick auf die Rote Armee und der geschürten Angst vor den russischen Soldaten. Sie schreibt aber auch wie die Rote Armee die Verwüstung ihrer Heimat erlebt hat und  von der Befreiung der Konzentrationslager östlich der Oder durch russische Soldaten. Bei aller berechtigten Wut der Befreier soll es nach Erfahrung der Autorin am Ende des Krieges auch mitfühlende Sowjetsoldaten gegeben haben, die deutsche Kinder und Frauen retteten. Für die meisten Deutschen sei dies unvorstellbar gewesen. Das Kind von Nazigegner empfindet die Befreiung als positiv.

Schmalz-Jacobsen schreibt von Zigtausenden von Selbstmördern in Deutschland, zu Ende des Krieges. Dieser Wahnsinn sei bis heute noch nicht aufgearbeitet worden. Von dieser Selbstmordepidemie las ich im vorliegenden Buch übrigens erstmals. Es zeigt erneut den Fanatismus der braunen Brut, die das ganze Land ideologisch kirre gemacht hatte. 

Äußerst lesenswert ist der Eindruck von der Befreiung vom Nazi-Regime durch russische Soldaten. Die liberale Autorin  ist nicht blind, sondern versucht, ihre Eindrücke fair wiederzugeben, auch das, was im Unterdrückungsstaat DDR dann folgte und kommt zum Ergebnis, das die Befreiung von NS-Regime noch lange nicht Freiheit bedeutet hat, wie man am Beispiel der DDR sehr gut erkennen konnte. Doch eine Befreiung war es allemal.

Das Buch empfehle ich gerne, denn es ist sehr aufschlussreich. 

Helga König

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