Der Autor dieses Buches war bis Herbst 2014 Professor für Soziologie an der TU Darmstadt. Sein Schwerpunkt ist "Eliteforschung" geblieben. Dabei steht Michael Hartmann für die These, dass Herkunft entscheidend für den beruflichen Erfolg ist. Diesbezüglich hat er bereits mehrere Bücher verfasst.
Das vorliegende Werk ist in fünf Kapitel untergliedert, als da sind:
1. Einleitung: Paralleltext mit eigenen Regeln
2. Eine zunehmend geschlossene Gesellschaft
3. Wie Eliten die soziale Ungleichheit vorantreiben
4. Eigennutz vor Gemeinnutz-so ticken die Eliten
5. Eine Politik jenseits des Neoliberalismus ist nötig und möglich
Wie Michael Hartmann die Leser wissen lässt, stammen zwei von drei Elitemitgliedern aus bürgerlichen und großbürgerlichen Familien und haben neben einem hohen Einkommen zudem noch ererbtes Vermögen. Dabei führten die eigene Lebenssituation und die exklusive soziale Rekrutierung der meisten Eliten zu einer zunehmenden Homogenisierung der Einstellungen gerade in Fragen der sozialen Ungleichheit.
Für die meisten Elitemitglieder-vor allem in der Wirtschaft- sei charakteristisch, dass sie glauben, die allgemeinen Regeln hätten für sie nur noch eingeschränkt Gültigkeit. Diese Grundhaltung habe sich auf nicht wenige Finanzskandale niedergeschlagen. Dafür zeigt der Autor zahlreiche Beispiele auf. Dass Machtausübung beispielsweise durch Spenden und Sponsoring funktioniert und dass Elitenverhalten in anderen Länder auch nicht besser ist als hierzulande, sind Hinweise für die Gründe, dass der Rechtspopulismus zunimmt. Konkret heißt es da "Der Rechtspopulismus hat seine Erfolge zum größten Teil der neoliberalen Politik in den letzten Jahrzehnten zu verdanken sowie der schier unendlichen Zahl von Skandalen in deren Kreisen." (28)
Michael Hartmann ist davon überzeugt, dass man sich darüber Klarheit verschaffen muss, was Elite wirklich bedeutet und ob so etwas wie eine einheitliche Elite existiert. Dies müsse man deshalb ermitteln, um der Politikverdrossenheit und dem Rechtspopulismus erfolgreich begegnen zu können.
Der Autor begründet in seinem Werk deshalb vier zentrale Themen ausführlich:
1. Die Elite in den großen westlichen Industriestaaten sind überwiegend sozial exklusiv und homogen.
2. Soziale Exklusiviät und Homogenität der Eliten waren und sind eine entscheidende Voraussetzung für die Durchsetzung neoliberaler Politik
3. Die Haltung der Eliten zu sozialer Ungleichheit und neoliberaler Politik wird entscheidend durch ihre soziale Herkunft geprägt.
4. Die Antwort auf Politikverdrossenheit und Rechtspopulismus kann nur in einer grundlegenden Abwendung von der herrschenden neoliberalen Politik liegen. Notwendig dafür sind eine von der Basis ausgehende, durchgreifende Erneuerung der Parteien des linken Spektrums und eine daraus resultierende massive soziale Öffnung der politischen Elite.
Elite bedeute Macht auszuüben. Diese Macht erlange man, wenn man an der Spitze einer sehr einflussreichen Organisation stehe oder über viel Kapital verfüge. Kapital verleihe Macht, Geld allein hingegen nicht.
Die einflussreichsten Eliten kommen, so der Autor, in allen modernen Industrieländern immer aus den Bereichen Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Justiz. Wissenschaften und Medien seien eine Etage tiefer angesiedelt. Intellektuelle unterscheiden sich grundsätzlich von den Mitgliedern der tatsächlichen Eliten durch die fehlende Stabilität und Kontinuität, die den zuvor genannten Elitemitgliedern durch die großen Konzerne und Institutionen garantiert werden.
Um in Spitzenpositionen zu gelangen, sei es notwendig, eine Eliteuniversität erfolgreich absolviert, aber auch Eigenschaften kultiviert zu haben, die man in großbürgerlichen Elternhäusern erlernt habe. Die kostspieligen Elite-Universitäten sorgen für soziale Exklusivität. Soziale Ähnlichkeit werde von den Prüfern belohnt, soziale Differenz werde bestraft. Die hohen Studiengebühren, die an Eliteuniversitäten derzeit jährlich 20 000 Euro betragen, hätten zusätzliche soziale Selektionswirkung.
Michael Hartmann zitiert den Philosophen Max Horkheimer, um zu verdeutlichen, woran die Großbourgeoisie Menschen erkennt, mit denen sie gern umgeht. "Die Freiheit, Selbstverständlichkeit, "Natürlichkeit", die einen Menschen in gehobenem Kreis sympathisch machen, sind eine Wirkung des Selbstbewusstseins, gewöhnlich hat sie nur der, welcher immer schon dabei war und gewiss sein kann, dabei zu bleiben."
Der Autor blickt in seinen Elitebetrachtungen auch auf andere Länder. Dabei ist in Frankreich eine geradezu außergewöhnliche Homogenität feststellbar.
Es führt zu weit, im Rahmen der Rezension auf all die angeführten Fakten und Betrachtungen näher einzugehen. Empfehlenswert ist u.a., das Kapitel "Wie Eliten die soziale Ungleichheit vorantreiben" genau zu studieren. Überall wachsen die Einkommensunterschiede rasant und die Einkommensmitte ist dabei zu erodieren, wie Zahlen belegen. Dass die Herkunft der politischen Elite ihre Entscheidungen prägt, lässt sich denken und dass in neoliberalen Zeiten Eigennutz vor Gemeinnutz bei den Eliten geht, steht auch außer Frage.
Auch nicht uninteressant zu lesen sind die Begründungen von Elitemitgliedern für Topgehälter aber auch wie sehr das Elternhaus eine Rolle spielt bei der Beurteilung von Sachverhalten, so etwa bei der Finanzkrise.
Dass Eliten in ihrem eigenen Kosmos leben, keinen Blick für die Armut haben und weniger liberal sind als sie vorgeben, bleibt auch nicht als bloße These stehen, sondern wird belegt und dass man durchaus erfolgreiche Politik betreiben kann, die den Neoliberalismus außen vor lässt, wird zu Ende des Buches thematisiert.
Dieses Werk ist Aufklärung pur und deshalb empfehlenswert.
Helga König
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Die Abgehobenen: Wie die Eliten die Demokratie gefährden