Der Autor dieses Buches, #Jean_Ziegler, ist Soziologe, emeritierter Professor der Universität Genf und war bis 1999 Nationalrat im Eidgenössischen Parlament. Von 2000 bis 2008 war er als UN-Sonderbotschafter für das Recht auf Nahrung tätig. Seither ist er Vizepräsident des Beratenden Ausschusses des UNO-Menschenrechtsrats und Träger verschiedener Ehrendoktorate sowie internationaler Preise.
Sein neues Buch enthält ein langes, aufklärerisches Gespräch zwischen ihm und seiner Enkelin zum Thema "Was ist so schlimm am Kapitalismus", das unmissverständlich deutlich macht, dass man den Kapitalismus nicht verbessern und korrigieren kann, sondern bekämpfen und zerschlagen muss, weil er die Existenz der Menschheit bedroht. Für Jean Ziegler hat der Kapitalismus eine kannibalische Ordnung geschaffen, deren Prinzip im Überfluss für eine kleine Minderheit und im mörderischen Elend für die große Masse besteht.
Der Vizepräsident des Beratenden Ausschusses des UNO-Menschenrechtsrats schreibt, seine Leser damit aufrüttelnd, "Die kapitalistische Produktionsweise trägt die Verantwortung für unzählige Verbrechen, für das tägliche Massaker an Zehntausenden von Kindern durch Unterernährung, Hunger und Hungerkrankheiten, für Epidemien, die schon lange von der Medizin besiegt wurden, für die Zerstörung unserer natürlichen Umwelt, die Vergiftung der Böden, des Grundwassers und der Meere, die Vernichtung der Wälder..." Weil die Eigentümer des Kapitals enorme Finanzmittel konzentrieren, menschliche Begabungen mobilisieren, sich zudem Wettbewerb und Konkurrenz zunutze machen, sei es möglich, dass die mächtigsten Eigentümer des Kapitals das, was die Wirtschaftswissenschaftler "problematischen Wissen" nennen, zu kontrollieren. Gemeint sind damit die wissenschaftliche und technologische Forschung auf verschiedenen Gebieten wie Elektronik, Informatik, Pharmazie. Medizin, Energie, Luftfahrt, Astronomie, Materialwissenschaft etc.
Der Autor erläutert, woher der Begriff Kapitalismus kommt und wie der Kapitalismus - historisch gesehen - sich entwickelt hat. Dabei sollte man wissen, dass das Wort Kapitalismus auf zwei fundamentale Gegebenheiten verweist: Jean Ziegler nennt: "Das Kapital als Geldmenge und den Kapitalisten als Wirtschaftssubjekt oder gesellschaftlichen Akteur, der sich auf Kosten der Arbeiter bereichert." Man erfährt, was man unter Mehrwert zu verstehen hat, wie dieser entsteht, wie sich Kapital akkumuliert, wie Oligarchien sich entwickeln und was man unter ihnen zu verstehen hat. Begriffe wie "Arbeitseinkünfte" und "Kapitaleinkünfte" werden erklärt und es wird verdeutlicht, dass Drittländer die erste Akkumulation des europäischen Kapitals unter unvorstellbar grausamen Bedingungen und mit ihrem Leben bezahlt haben. Nahezu alle Kolonialherren waren Ausbeuter und Verbrecher.
Jean Ziegler schreibt auch von der französischen Revolution, die der politische, ideologische und wirtschaftliche Triumph des kapitalistischen Bürgertums war. #Robespierre sei der Hauptverantwortliche der "Heiligsprechung" des Eigentums, der Grundlage der kapitalistischen Ausbeutung wie der Autor meint. Es gab eine Reihe von Revolutionären damals in Frankreich, die die Abschaffung des Privateigentums propagierten, unter diesen #Gracchus_Babeuf, der aber damals hingerichtet wurde.
Nun nahm die kapitalistische Produktionsweise Fahrt auf.
Seit Ende des letzten Jahrtausends habe sich das #Finanzkapital verselbstständigt. Es handelt sich hierbei um eine besondere Form des Kapitals, das der Autor genau erklärt. Er beschreibt die Wirtschaftsinstitution der Börse, skizziert das Agieren der Trader und erinnert daran, dass die Zirkulationsgeschwindigkeit der Informationen den Planeten schrumpfen lassen.
Wer über die Weltwirtschaft herrscht? "Das sind genau die Oligarchen, die Eigentümer des globalisierten Finanzkapitals, die winzig kleine Gruppe von Männern und Frauen unterschiedlicher Nationalität, Religion, Herkunft, aber alle einander ähnlich in ihrer Energie, ihrer Gier, in ihrer Verachtung für die Schwachen, der Gleichgültigkeit gegenüber dem Gemeinwohl, der Blindheit für die Geschicke des Planeten und das Schicksal der Menschen, die auf ihm leben.", so Jean Ziegler Die Oligarchien arbeiten im Verborgenen, nur selten kenne man ihre wahre Identität.
Es macht zornig, was der Autor über den Kongo und den dortigen Abbau des Erzes Coltan schreibt. Kindersklaven werden hierfür eingesetzt und in die engen Schächte geschickt, damit ein Bergbaugigant sich utopisch bereichern kann und im Steuerparadies Kanton Zug dann jährlich nur 0,2 Prozent Steuern zahlt.
Die Waffen der Oligarchien des Finanzkapitals seien: "Zwangsfusion, Unternehmensverlagerung, Errichtung von Oligopolen, Vernichtung des Gegners durch Dumpingpreise oder Desinformation." Beseelt von ihrem Machttrieb, der Gier und dem rauschhaften Gefühl grenzenloser Verfügungsgewalt verteidigten sie mit Zähnen und Klauen die Privatisierung der Welt. Ihr verdankten sie nämlich extravagante Privilegien, Pfründe ohne Zahl und persönliche Vermögen.
Nicht unerwähnt bleiben Korruption und Veruntreuung durch die obsessive, grenzenlose #Habgier, bevor der Autor über den Begriff Globalisierung informiert, der irreführend sei, weil die Welt, die die Kapitalisten geschaffen haben, einem Archipel ähneln würde. Westeuropa sei einer der wohlhabendsten Inseln dieses Archipels.
Jean Ziegler schreibt über das Verhalten von Konsumenten für die Güter hergestellt werden, die nur von kurzer Lebensdauer sind, schreibt auch über irreführende Werbung und wie der Kunde eingeseift wird, damit sich immer mehr Kapital akkumulieren kann.
Man liest über die schlechte Bezahlung in Drittländern, so etwa in Bangladesh, wo Textilien seitens westlicher Ausbeuter für die Industrieländer billig hergestellt werden.
Man liest auch von der Umweltverschmutzung, vom Klimawandel und dass rund 62% aller Krebserkrankungen in den Industrieländern Auswirkungen eines gestörten Ökosystems sind oder auf eine unangemessene, industrielle Ernährung zurückzuführen seien.
Die Akkumulation von Reichtümern durch Kosmokraten kenne nur einen Antrieb: "#Gier, #Machthunger, das Verlangen immer mehr Reichtümer zu raffen, mehr Kapital als der Nachbar und der Konkurrent anzuhäufen. In diese wahnhaften Begierde nach unbegrenztem Profit spiele der Gebrauchswert keine Rolle.
Der Kapitalist möchte das Bewusstsein und Denken anderer Menschen beherrschen.
Wenn unsere Welt und wir alle eine Zukunft haben sollen, dann muss Schluss sein mit der Akkumulation von Reichtümern Einzelner, Schluss sein mit dem Machtanspruch. Dann gilt es Humanismus zu realisieren auf der ganzen Welt, dann muss aufgeklärt werden, genau so wie Jean Ziegler es in seinem wunderbaren Buch tut.
Maximal empfehlenswert
Helga König
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Was ist so schlimm am Kapitalismus?: Antworten auf die Fragen meiner Enkelin
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