Der Autor dieses Buches, Wolf Lotter, ist Mitbegründer des Magazins "brand eins". Dort schreibt er die Leitessays. Zudem ist er Keynote-Speaker und Berater zum Thema "Transformation von der Industrie- zur Wissensgesellschaft". Genau darum geht es auch in dem vorliegenden Buch.
Die Transformation verlange von uns die Neuorientierung "in nahezu allem, was bisher "normal" schien und gewohnt". In der Wissensgesellschaft seien Denken und Kreativität die wichtigsten Ressourcen für Wohlstand und Fortschritt, während in der Industriegesellschaft, die offenbar bald der Vergangenheit angehört, Normen und Routine das Wichtigste seien.
Die Wissensgesellschaft erfordere mehr als nur Fleiß. Sie mache Anstrengung erforderlich. Zukünftig werde es darum gehen, Leistung als positive Vorstellung zu betrachten und Anstrengung und Bemühung als unerlässlichen Preis, den alle zahlen müssen, die etwas erreichen wollen.
Forderungen nach weniger, nach mehr Übersicht, mehr Regeln seien reaktionär, wenn sie nicht die eigene Leistung forderten und Lösungen erarbeiteten. Der Autor zitiert in diesem Zusammenhang den Philosophen Ernst Bloch, der in seinem Werk "Prinzip Hoffnung" schreibt, "Man muss in das Gelingen verliebt sein".
Gelingen setzt aber Anstrengung voraus. Diese verlange von uns Aufrichtigkeit, Selbstkritik, Selbsterkenntnis und große Bemühung, uns selbst ernst zu nehmen und aus unserem Leben etwas zu machen.
Der Autor reflektiert den Begriff Leistung und konstatiert, dass sich diese nicht an Rekorden und Tiefen messe, sondern an Einstellung, einer Haltung, dem Bemühen sein Bestes zu geben. Leistung benötige durchaus Disziplin, Geduld und Ausdauer, aber keine sinnlose Disziplin, keinen Starrrinn und keinen blinden Eifer.
Das industrielle Management sehe Menschen als Teil einer Maschine. Es gehe insofern dabei um Einordnung. Humanistisches Denken sei damit nicht vereinbar, weil dieser dem Menschen eigene Entscheidungen zutraue, ihn also nicht als "nützlichen Idioten" behandelte. Humanismus- und dies hebt Wolf Lotter besonders hervor- fordere das Bemühen, sein Bestes zu geben, aus dem Menschen selbst heraus, nicht als Ergebnis von Leid, Verzicht und Plage.
Die Höchstleister der ersten und zweiten Welle der industriellen Revolution (gemeint bis zum Ende des 19. Jahrhunderts) seien eigensinnige, auf den Erhalt und Bestand ihres Lebenswerks bedachte Unternehmer gewesen. Es waren keine Manager. Letztere seien erst ins Spiel gekommen als die Industrieunternehmen aus eigener Kraft nicht mehr weiterkonnten. Durch sie bildete sich dann der Finanzkapitalismus.
Wie Wolf Lotter festhält, üben Manager und Bürokraten die gleiche Tätigkeit aus: Sie verwalten Bestand. Wohl einerseits beschworen, werden andererseits von ihnen die Werkzeuge der Innovation bekämpft. Die Rede ist von: einem Bemühen um mehr Wissen, selbstständiges Denken und Ausbrechen aus der Routine.
Durch Anstrengung werde der Wettbewerb zu dem, was er sein sollte: keine brutale Konkurrenz um Leben und Tod, sondern ein faires Streben nach besseren Lösungen. Überall, wo sich Monopole bildeten und Korruption einkehre, müsse entschieden dagegen vorgegangen werden, denn sobald man Monokulturen zulasse, werde nicht nur der preisliche Wettbewerb zerstört, sondern auch die Gründe dafür, sich anzustrengen, sein Bestes zu geben. Dieser Meinung schließe ich mich ohne Wenn und Aber an. Er ist einfach wahr: "Wo keine Anstrengung ist, dort ist auch keine Zukunft."
Nochmals also: Worum es in der Wissensgesellschaft geht? "Anstelle des Fleißes und des blinden Eifers treten Neugier, Experiment und Wissbegierigkeit: Kurz Innovationsfähigkeit."
Es führt zu weit, auf alle Überlegungen im Buch im Rahmen dieser Rezension einzugehen. Es dürfte aber schon jetzt klar sein, weshalb das Buch wichtige Gedanken für das Hier und Jetzt und die Zukunft Transformation vermittelt.
Ein Merksatz vielleicht noch zum Ende: "Wo geistige Höchstleistung, Innovationsfähigkeit und Wissensarbeit tatsächlich am Werk sind, merkt man es ohne Worte. Sie nützt nämlich anderen."
So gesehen wird die Wissensgesellschaft eine humanistische Gesellschaft sein, in der Mensch nicht länger Mittel, sondern Ziel der Leistung aller ist. Man darf gespannt sein, wenn die Früchte besagter Leistung verteilt werden, wie es dann um die Verteilungsgerechtigkeit bestellt sein wird.
Maximal empfehlenswert.
Helga König
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