Dieses Blog durchsuchen

Rezension: Was Profi-Verkäufer besser machen

Prof. Dr. Karl Pinczolits schreibt gleich zu Anfang seines Vorwortes, dass ein Sechstel aller berufstätigen Menschen in einer entwickelten Volkswirtschaft im Vertrieb und Verkauf beschäftigt ist. Die Hälfte davon ist im Handel aktiv, die andere Hälfte besucht und betreut ihre Kunden.

Der Autor thematisiert in seinem Buch breitgefächert fünf Faktoren, mit denen man zu einem Profi-Verkäufer wird und listet diese zunächst in einer Tabelle auf. Er nennt: geplante, bessere, produktive, richtige und mehr Aktivitäten, bevor er 15 Schlüsselaktivitäten hierzu auflistet, die es einzusetzen gilt. Deren Bedeutung skizziert er in der Tabelle kurz, um in den einzelnen Kapiteln des Buches dann ausführlich darauf einzugehen.


Zunächst handelt Pinczolits die sechs wichtigsten Pinzipien des professionellen Verkaufens ab. Zu diesen Prinzipien zählen Effektivität und Effizienz. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Regel des Peter Drucker, die der Autor nicht unerwähnt lässt. Diese besagt, dass es wichtiger ist, die richtige Arbeit zu machen, als eine Arbeit richtig zu machen. Sein Postulat besteht darin, alle Energien auf das Wichtige zu konzentrieren, produktiv zu sein und das Bemühen um Produktivität vor das um Qualität zu stellen. Damit erteilt er der Qualität keine Absage, sondern räumt ihr im Handlungsablauf bloß den 2. Rang ein. Erst kommt Produktivität und im 2. Schritt hohe Qualität. Erst müssen primär Kunden aquiriert werden, dann müssen sie immer mehr durch Qualität zufriedengestellt werden, damit sie nicht mehr abspringen. (Bemerkung meinerseits: das funktioniert nur in Zeiten einer florierenden Wirtschaft, werden die Zeiten schlechter interessiert Qualität nicht vorrangig, sondern es zählt in erster Linie der Preis eines Produktes und noch mehr als dieser zählen die "Provisionen", die angestellte Auftraggeber erhalten.)


Man erfährt im Buch auch, was einen schlechten Verkäufer ausmacht. Negatives Denken und Grübeln, sowie Unorganisiertsein sind Eigenschaften, die den Erfolg minimieren. Antriebslosigkeit allerdings ist der Totengräber für jede eigenverantwortliche Tätigkeit. Wer antriebslos ist, kann in einem Vertriebsjob nicht bestehen.


Interessant sind Pinczolits Ausführungen im Hinblick auf die Schlüsselaktivitäten und hier im besonderen die vier Regeln produktiver Verkäufer, die einzuhalten, sich immer positiv auf Verkaufserfolge auswirkt.


Prof. Dr. Karl Pinczolits Buch ist ein guter Ratgeber für den Erfolg von Verkäufern, sofern die Wirtschaft nicht korruptionsverseucht ist. In Zeiten dieser Seuche ist selbst ein Profiverkäufer schachmatt gesetzt. Dennoch ein wichtiges Buch für Zeiten, die hoffentlich bald wieder ihren Anfang nehmen.



Rezension : Joseph Roth- Juden auf Wanderschaft

Herausgeber dieses bemerkenswerten Buches von Joseph Roth ist der Verleger Christian Brandstätter, der auch die Bildauswahl getroffen hat. 153 Schwarz-Weiß-Fotografien der untergegangen Welt der europäischen Juden aus den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts begleiten den Text des österreichischen Dichters und Publizisten Josef Roth, dessen berühmter Essay "Juden auf Wanderschaft" von 1927 (inklusive Vorwort zur geplanten Neuauflage 1937) sehr beeindruckende Einblicke in das Denken und Leben der Juden in jenen Tagen verleihen.

Thematisiert werden zunächst die Lebensumstände der sogenannten Ostjuden, denen laut Roth der Westen Freiheit, die Möglichkeit, zu arbeiten und seine Talente zu entfalten, Gerechtigkeit und autonome Herrschaft des Geistes bedeutete. Die Ostjuden sollen, wie Roth festhält, besonders marginalisiert gewesen sein. Seitens der Beamten und der Arbeitgeber wurden sie zumeist erniedrigt. Im Osten (z.B.Galizien) gab es in den 20er Jahren keinen Schutz vor Pogromen. Vielleicht war deshalb bei ihnen der jüdische Nationalgedanke sehr lebendig.


Betrachtet man die Fotos wird einem klar, dass man schon vor der NS-Zeit im letzten Jahrhundert sehr unfair mit den Juden umging. Sie hatten kein "Vaterland", schreibt Roth, aber jedes Land, in dem sie lebten und Steuern zahlten, verlangte von ihnen Patriotismus und den Heldentod und warf ihnen vor, dass sie nicht gerne starben.


Man erfährt Näheres über die Juden damals im Schetel in Galizien und die Art wie sie lebten, aber auch über das Leben der in westliche Länder ausgewanderte Ost-Juden in den dortigen Gettos. So liest man wie in den einzelnen Städten wie Wien, Paris und Berlin mit Juden umgegangen wurde. Der Unterschied zwischen orthodoxen Ostjuden und assimilierten Westjuden wird dabei sehr deutlich herausgearbeitet. Die in Paris geborenen Kinder der Ostjuden konnten französische Staatbürger werden. In Frankreich war der Antisemitismus weniger brutual und rüde als anderswo.


Über nach Amerika ausgewanderte Ostjuden informiert Roth ebenso wie über die Lage der Juden in Sowjetrussland. Dort war in den 20er Jahren der Antisemitismus zwar offiziell verpönt, aber er hatte dennoch nicht aufgehört zu existieren. In der Vorrede zu geplanten Neuauflage von 1937 wird deutlich, dass der geistige Nährboden für das, was während der NS-Zeit geschah, schon lange davor existierte und Roth ahnte, was folgen wird. Nicht zu Unrecht hält er fest: "Zu vollkommener Gleichberechtigung und jener Würde, die äußere Freiheit verleiht, können Juden erst dann gelangen, wenn ihre "Wirtsvölker" zu innerer Freiheit gelangt sind und zu jener Würde, die das Verständnis für das Leid gewährt." (Zitat S. 143)


Als ich heute Milch holen ging, hörte ich in das Gespräch dreier Mittelschichtsangehöriger rein und nahm deren Hass auf Türken zur Kenntnis. Ich mischte mich in das Gespräch nicht ein, sondern fragte mich nur, sehr traurig, wann die Menschen endlich aufhören Minderheiten zu brandmarken.


Ein Buch, das ich jedem empfehle zu lesen.




Rezension: Himmelsstürmer: Zwölf Portraits (Gebundene Ausgabe)

Der in der Schweiz lebende gebürtige Franzose Alex Campus portraitiert in diesem Buch zwölf Personen, die auf subtile Weise in Beziehung zueinander stehen. Die erste Person, der sein Augenmerk gilt, ist die Schweizerin Marie Grosholtz, die unter dem Namen Madame Tussaud heute weltberühmt ist. Jeder kennt das Wachsfigurenkabinett in London. Unter der Obhut von Doktor Curtius stellte sie zur Zeit der Französischen Revolution in Paris bereits Wachsfiguren her. Sie kannte alle Revolutionsgrößen. Will man ihren Memoiren Glauben schenken, hat sie mit Robespierre geflirtet und mit Danton gestritten. Ähnlich wie alle elf anschließend beschriebenen Personen ging sie einen interessanten aber auch zeitgleich beschwerlichen Weg und lebte ihre Träume.

Es liegt mir fern alle einzelnen Personen zu beleuchten, weil ich nicht zu viel von den Kurzbiographien preisgeben möchte, aber auf zwei will ich kurz eingehen. Die eine handelt von Jean-Paul Marat, dem von Chalotte Corday getöteten französischen Revolutionär. Er war ein gebürtiger Schweizer. Madame Tussaud kann auch ihn. Liest man das vorliegende Portrait aufmerksam, wird klar, dass jahrzehntelange intellektuelle Demütigungen ihn hatten zu dem werden lassen, wovor sich die Aristokraten ängstigten.


Vor ihm hatte keiner gewagt Ludwig XVI - Louis Capet - als einen Verräter zu bezeichnen, der geköpft werden müsse. Marat veröffentlichte diese Forderung in einer Zeitung. Eineinhalb Jahre danach wurde das Postulat in die Tat umgesetzt. Dieser Mann war gnadenlos, gleichwohl bezeichnete er sich selbst als den einzig echten Märtyrer. Nach seinem Tode wurden er und seine Mörderin von Marie in Wachs gegossen. Zwei Menschen, die durch unsägliche Verstrickung über ihren Tod hinaus aneinander gebunden bleiben.... Noch immer sind sie als Paar in aller Munde.


Von allen Portraits hat mich das der Regula Engel am meisten fasziniert. Diese Frau gebar in ihrem Leben zu Zeiten Napoleons einundzwanzig Kinder, war Offizier im Revolutionsheer Bonapartes und nahm an vielen großen Schlachten teil, so u .a . an der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813. Sie verlor in diesen fast alle ihre Kinder und verstarb verarmt im Alter von 92 Jahren in der Schweiz. Wie sind solche Biographien möglich? Geschehen Ereignisse zufällig oder lassen sie sich rational begründen, wenn man sich Lebensläufe genauer ansieht?


Es folgt Portrait auf Portrait. Der englische Dichter Lord Byron trifft in Griechenland auf den falschen Arzt und späteren Befreier der Griechen Jakob Meyer. Obschon beide für die gleiche Sache eintreten, werden sie zu Feinden. Oft sind es die Eitelkeiten, die Menschen, die gemeinsam Großes vollbringen könnten, auseinanderdividieren und es sind immer die menschlichen Abgründe, die das Unglück Dritter heraufbeschwören.

Der Wille ist der Motor, der Menschen zu Himmelsstürmern macht, die Demut ist Tugend, die Himmelstürmer davor schützt größenwahnsinnig zu werden.

Alex Capus unternimmt einen bemerkenswerten Spaziergang durch die Zeitläufe.

Ein spannendes Buch, das nachdenklich macht.

Rezension: Kaiser, König, Edelmann: Ein Streifzug durch Tausend Jahre Deutscher Geschichte (Gebundene Ausgabe)

Herbert Schmidt-Kaspar bringt dem Leser das "Heilige Römische Reich Deutscher Nation" geradezu im Plauderton nahe. Er zeigt, dass man sich nie wirklich einig war, wann dieses Reich gegründet wurde, ob nun im Jahre 800 mit der Kaiserkrönung Karls des Großen oder erst im Jahre 911 mit der Wahl Heinrich I. Was spielte sich während dieser Zeit, wo dieses Reich bestand, innerhalb seiner expandierenden Grenzen ab? Wie sahen die politischen und soziologischen Strukturen aus? Wie konnte man Kaiser dieses Reiches werden? Weshalb nannte man es überhaupt das "Heilige Römische Reich..."?

Wie war es um die Rechtsverhältnisse in den Anfängen des Reiches bestellt? Gab es bereits ein Gewaltmonopol? Was verstand man unter einer Fehde? Wer durfte sich befehden? Was war ein Lehensmann? Welche Aufgaben hatte er zu erfüllen? Das sind die Fragen, die man zu Anfang des Buches beantwortet bekommt, um schließlich einzutauchen in eine längst vergangene Welt ungezählter Namen, Zahlen und Fakten.

Gefallen fand ich an Theophanu, der hochgebildeten Byzantinerin, die als Witwe Ottos II eine Zeitlang die Geschicke des Reiches lenkte. Über das Erziehungs- und Informationsmonopol der Kirche wird man aufgeklärt und über die Reformbestrebungen, die schließlich zum Investiturstreit führten. Was bedeutete der Gang nach Canossa für Heinrich IV, vor allem aber für das Reich? Welche Folgen ergaben sich aus dem Wormser Konkordat?

Während man über diese Dinge reflektiert, darf man sich des ersten Merseburger Zauberspruchs und des Wesobrunner Gebetes erfreuen, bevor man sich berühren lässt von Walthers Liebeslied "Unter den Linden". Weshalb war Barbarossa ein Vertreter der "Zwei-Schwerter-Theorie"? Wie wichtig war ihm die "Ritterliche Kultur"? Was suchten die Normannen in Haithabu und was auf Sizilien? Über Pilgerfahrten nach Santiago de Compostella und Jerusalem wird gesprochen und über die tatsächlichen Motive der so genannten Kreuzzüge. Wer waren die Templer, Johanniter und Deutschherren? In welcher Beziehung standen sie zu Saladin?

Wer war das Chint von Pülle? Kaiser Friedrich II. soll der erste moderne Mensch gewesen sein. Nach der Lektüre dieses Buches weiß man auch warum. Friedrich war ein Intellektueller, der aufgrund seines rationalen Denkens nur schwer von den Menschen seiner Zeit verstanden werden konnte. Interessant sind seine Experimente, die er vornahm, um zu praktischen Erkenntnissen zu gelangen. Über den Niedergang des Rittertums, über die Raubritter wird man aufgeklärt. Auszüge aus dem Originaltext des "Meier Helmbrecht" vedeutlichen, was damals stattfand.

Warum war die "Bannmeile" für das städtische Gewerbe so wichtig? Was verstand man unter einer Gilde? Welchen Status hatten Patrizier? Ein großes Thema sind Bürgerrechte im Mittelalter und während der Renaissance-Zeit, weil sie für die Entwicklung der Städte von großer Bedeutung waren. Über die Fugger und die Welser und ihre Verbindung zum Kaiser wird gesprochen. Auch die ersten Universitäten auf dem Boden des Reiches werden thematisiert. Womit beschäftigte man sich an den Universitäten in Prag, Krakau oder Wien? Waren es vorrangig Texte von Galen, Hippokrates und Avicenna oder der Codex Iustinianus, der junge Menschen bewegte die lateinische Sprache zu erlernen?

Erwähneswert ist die Schrift "Concordantia catholica" von Nikolaus von Cues. Für ihn war der Kaiser in der weltlichen, wie in der geistlichen Hierarchie gleichrangig. Welche Konsequenzen ergaben sich auch dieser Betrachtung? Welche Bedeutung hatte die Erfindung der Taschenuhr im Jahre 1502, nachdem bereits fünfzig Jahre zuvor Gutenberg den Druck mit beweglichen Lettern erfunden hatte?

Über das Reich Karls V. erfährt man Essentielles und natürlich über Martin Luther, dessen Aufstieg nicht unwesentlich durch politische Eigeninteressen einzelner Landesfürsten bedingt war. Wie kam es zum Schmalkaldischen Bund? Warum wurde der Nürnberger Religionsfrieden tatsächlich geschlossen? Wiedertäufer und marodierende Bauerheere sowie deren Führer kommen zur Sprache, natürlich bleibt auch Thomas Müntzer nicht ungenannt.

Weshalb wurde der Augsburger Religionsfrieden geschlossen? Welche Funktion hatten die Jesuiten im Reich? Wer war der Jesuit Friedrich Spee von Langenfeld?
Ihm sollte man, wie ich finde ein Denkmal setzen, denn er hat die "Cautio Criminalis" verfasst und ungezählte Frauen vor dem drohenden Feuertod gerettet.
Der zweite Prager Fenstersturz und die Gründe, die zum 30 jährigen Krieg führten, werden beleuchtet, und der Krieg selbst wird in seinen furchtbaren Auswirkungen dargestellt. Das Sonett "Thränen des Vaterlandes" von Gryphius von 1636 zeichnet die Geschehnisse nach.

Wie der Westfälische Friede zustande kam und wie sich das Reich in der Folge gestaltete, schildert Schmidt-Kasper ausführlich. Noch im gleichen Jahrhundert stehen die Türken vor Wien, wenig später beginnt der spanische Erbfolgekrieg. Immer wieder kommt es zu militärischen Auseinandersetzungen. Man sieht den preußischen Militärstaat entstehen und liest von den Ausseinandersetzungen König Friedrich II. von Preußen mit Kaiserin Maria Theresia. Man beginnt zu ahnen, dass das Reich nicht mehr lange von Bestand sein wird. Es nimmt schließlich sein Ende im Jahre 1806, nachdem Bonaparte bei Austerlitz den Sieg davontrug. Da nämlich legte Kaiser Franz II. die Krone nieder.

Geblieben sind die wunderschönen Texte der Minnesänger, geblieben auch die Erinnerung an die gebildete Kaiserin Theophanu und an den großen Stauferkaiser Friedrich II. Im Herzen bewahre ich jedoch Friedrich Spee. Vor ihm möchte ich mich verneigen.


Rezension:Geo Epoche, Nr. 19 : Die Renaissance in Italien 1300-1560 (Broschiert)

Die Renaissance (Wiedergeburt), - etwa von 1300 bis Mitte des 1600 Jahrhunderts - wird als Zeit der Wiedererweckung des klassischen Altertums und der Wiederaufblühens der Künste, aber auch der kulturellen Zustandes der Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit betrachtet.

Der Begriff steht in Beziehung zu dem des Humanismus, richtet sich aber auf die Gesamtkultur des Zeitraums. Das vorliegende Geo - Epoche -Magazin befasst sich mit der Renaissance in Italien (1300- 1560).

Gleich am Anfang wird man sogleich mit schönen Ablichtungen von Gemälden aus jenen Tagen erfreut. Das Fresko "Die gute Regierung" (1338-40) von Lorenzetti zeigt den Palazzo Pubblico in Siena als Zentrum dieser Stadt, dem Platz, wo Geschäfte getätigt wurden und der Handel erblühte. Ein Fresko, das den Fürst und die Höflinge im prachtvollen Palast von Mantua zeigt, auch Ansichten der Gärten von toskanischen Landhäusern der reichen Edelleute, schließlich ein Fresko, das den zehnjährigen Lorenzo de Medici imringt von Höflingen darstellt, lassen den Leser visuell in eine Zeit versinken, die textlich in der Folge hervorragend ausgelotet wird.

Die so genannte europäische Neuzeit wurde von italienischen Eliten eingeleitet, indem die hergebrachte kulturelle und politische Ordnung durch Gelehrte und Künstler, Bankiers und Fürsten völlig verändert wurde. Vormalige Söldner wurden jetzt zu Fürsten. Städte wie Florenz und Sienna erblühten zu Metropolen des Handels und der Kunst. Der Florentiner Dichter Dante Alighieri (1265-1321) verfasste seine "Göttliche Komödie", in der er eine Jenseitsreise durch Hölle, Fegefeuer bis ins Paradies beschreibt.

Dieses Epos wird als Abschluss der mittelalterlichen Dichtung und gleichzeitig als Übergang zur Literatur der Renaissance betrachtet. Der Schriftsteller Jörg-Uwe Albig liefert einen ausführlichen Beitrag zu dem Dichter und seinem Hauptwerk, das man als eine Abrechung mit allem Lasterhaften und als Loblied auf die Tugend begreifen sollte.

Walter Saller befasst sich in seinem Beitrag dann mit der Architektur jener Epoche. Man liest u.a. von Filippo Brunelleschi, der die Zentralperspektive erfunden hat. Diese wird dem Leser näher erklärt. Der Künstler entwarf die Domkuppel von Florenz. Er gilt als der Begründer der italienischen Renaissancekultur.

Strenge Formen, gleichmäßige Proportionen und ein symmetrischer Aufbau sind bezeichnend für die Architektur jener Epoche, die noch heute das Auge von Liebhabern schnörkellos schöner Gebäude erfreut. Graf Federico da Montefeltro (1422-1482) war ein bedeutender Kunstliebhaber jener Zeit. Bevor er Mäzen wurde, führte er Kriege gegen Geld. Er besaß eine umfangreiche Bibliothek und beschäftige 40 Schreiber, die alte Handschriften kopierten. Biographien dieser Art waren in der Renaissance nicht selten.

Hochinteressant ist der Beitrag des Historikers Cay Rademacher über Lorenzo de Medici, dem Paten von Florenz, der wegen seiner Machtfülle und seiner beeindruckenden Kunstsammlung, der Prächtige genannt wurde. Aufstieg und Niedergang der Bankiersfamilie de Medici werden in diesem Beitrag breit gefächert dargestellt und verdeutlichen die dunklen Seiten jener Zeit besonders drastisch.
Sehr gefallen hat mir der Beitrag Till Heins über den Maler, Bildhauer, Architekt, Ingenieur und Naturforscher Leonardo da Vinci, der dem Renaissance -Ideal des "uomo universale", des umfassend gebildeten und interessierten Menschen entsprach. Abgelichtet ist u.a. sein Kunstwerk "Das letzte Abendmahl", das den Abschied Jesu von seinen Jüngern ergreifend darstellt, ferner diverse anatomische Studien und die "Dame mit dem Hermelin", die ich jüngst im Louvre im Original bestaunen konnte. Dieses Gemälde ist nur eines von insgesamt acht Gemälden, die mit Gewissheit von Leonardo da Vinci stammen. Interessant sind die Ablichtungen von Zeichnungen diverser technischer Geräte, die er konstruiert hat und seine Blütenstudien. Umwerfend freilich ist seine "Mona Lisa", das wohl das berühmteste Gemälde der Welt ist.

Die Borgias sind ein weiteres Thema. Der Spanier Rodrigo Borgia regierte als Papst Alexander VI elf Jahre den Kirschenstaat. Über die dessen zügellosen Lebensstil und seine brutale Machtpolitik sowie das Treiben seiner Kinder Cesare und Lucrezia schreibt Jens-Rainer Berg sehr packend, bevor über den fanatischen Mönch Savanarola berichtet wird, dem u.a. der berühmte Maler Sandro Botticelli begeistert folgte. Der Mönch versetzte seine Zuhörer in Furcht und Schrecken durch seine Predigten gegen Luxus und Unzucht. Nach der Vertreibung der Medici rief er Christus zum König eines theokratischen geprägten Gemeinwesens auf. Papst Alexander erteilte dem Fanatiker Predigtverbot. Als dieser sich dagegen widersetzte wurde er der Inquisition übergeben, gefoltert und schließlich verbrannt.

Erwähnenswert ist der Bericht über Niccola Machiavelli, der in seinem Traktat "Der Fürst" Brutalität, Lüge, Verrat und Mord als Mittel der Politik legitimierte. Bis heute gilt Machiavelli als Begründer einer höchst bedenklichen Staatslehre, die Erfolg über die Moral stellt. Was soll man von einem Denker halten, der Zwietracht und Intrige für ewige Naturgesetze hält? Das Magazin endet mit einem Bericht über den Künstler Raffaello Santi, dem eine Reihe wunderschöner Gemäldeablichtungen beigefügt sind. Die abschließenden Daten und Fakten über die Zeitläufte enden mit dem Konzil von Trient, das gewissermaßen eine neue Zeit einläutet.

Empfehlenswert, um sich einen Gesamtüberblick über die Renaissance in Italien zu verschaffen.



Rezension:GEO Epoche 41/2010: Indien. 1450-1948: Maharadschas, Moguln, Kolonialherren (Broschiert)

Geo Epoche Nr. 41 befasst sich mit Indien. Bemerkenswert sind die vielen beeindruckenden Fotos aus längst vergangenen Tagen gleich zu Beginn des Magazins.

Thematisiert werden die indische Geschichte ab 2600 v. Chr., die Stadt Vijayagara und das, was sich zwischen 1340-1565 dort zugetragen hat. Die Könige an diesem Ort begriffen sich als Vertraute der Götter. Die Hindu-Stadt wurde allerdings von den Muslimen erorbert. Auf diese Weise ging in Südindien das letzte Hindu-Imperium 1565 unter, (vgl. S. 28).


Sehr spannend zu lesen ist der Bericht über die Ankunft der Portugiesen auf dem Subkontinent, die dort zwei Dutzend Städte und Festungen an der West- und Ostküste errichteten. Vasco da Gama und sein Tun werden thematisiert, auch Sha Jahans Taj Mahal steht im Fokus eines Berichtes.


Die East Indea Company und der koloniale Alltag werden sehr gut beschrieben. Lesenswert auch sind die Aufsätze über die Witwenverbrennung, über den Kampf des Mahatma Gandi, über die Maharadschas und die indische Unabhängigkeit, die natürlich ihren Preis hatte.


Berichtet wird ferner über den Kreislauf der Wiedergeburten nach hinduistischem Glauben. Jede Kreatur, ob Mensch oder Tier, verfügt ein unsterbliches Selbst, das in einem ewigen Kreislauf von Geburt, Tod und Wiedergeburt, dem "samsara", gefangen ist. Wenn der Mensch stirbt, so geht dieser Wesenkern, der "atman", in eine neue Daseinform über (vgl.S. 149). Man erfährt in diesem Zusammenhang, was die Hindus unter einem Pantheon verstehen, wie ihr religiöser Alltag aussieht und welche Wege der Erlösung führen.


Mit großem Interesse las ich den Bericht über Taj Mahal, nicht zuletzt, weil ich vor einigen Jahren nachstehendes Buch Taj Mahal. Die Erinnerungen des Kaisers Shahjahan gelesen habe und meine diesbezüglichen Kenntnisse wieder auffrischen konnte. Das soeben erwähnte Buch möchte ich an dieser Stelle empfehlen, auch wenn ich es nicht rezensieren werde. Der fünfte Kaiser der Moguldynastie war wahrlich eine faszinierende Gestalt, m.E. eine kluge, konsequente Person.


Gandhi ist in meinen Augen einer der bedeutendsten Menschen, die je gelebt haben. Allein des Beitrags wegen, der seiner Person gewidmet ist, lohnt es sich, das Magazin zu kaufen.


Rezension:Wir Bayern: Geschichte, Gegenwart und Lebensgefühl (Gebundene Ausgabe)

Der Journalist Andreas Bretting und der Historiker Bernhard B. Edlmann haben gemeinsam das reich bebilderte Buch "Wir Bayern" auf den Weg gebracht, das ich als Bayernfan mit großer Neugierde gelesen habe.

Untergliedert ist das Buch in vier große Abschnitte: Bayern -ein Portrait, die Geschichte Bayerns, Bayern in der Gegenwart und Bayerisches Leben und Kultur.

Amüsiert habe ich die Charakterstudien im Beitrag "Vom Granteln und vom Haberfeldtreiben" gelesen. Hinter der Fassade des Rauen und Raunzigen, so erfährt man, stecke viel unverstellte Offenheit, ein "Gradheraussein", das vorgeschützte, unehrliche Freundlichkeit vermeidet, (s. Seite 16). Ein solches Verhalten finde ich sehr liebenswert. Man weiß wenigstens gleich, wo man dran ist.

Empfehlenswert ist das Kapitel zur bayerischen Geschichte. Hervorgehoben wird u.a. der grausige Tod der Agnes Bernauer, man erfährt hier auch Näheres zu den bayerischen Gebirgsschützen, wird im Hinblick auf die Affäre Lola Montez und natürlich auch über Ludwig II. von Bayern aufgeklärt.

Die bürgerkriegsähnlichen Zustände in München 1919 kommen zur Sprache, die braune Eroberung Bayerns und die Nazizeit. Im Rahmen zweier Sonderbeiträge wird man über Dachau informiert und über das jüdische Leben in Bayern. Die "Weise Rose" ist sehr gut skizziert worden. Ein Foto der Geschwister Scholl hat mich besonders gefreut.

Das Kapitel "Bayern in der Gegenwart" fokussiert die politische und wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte und befasst sich ausgiebig mit allerlei Sport- und Vergnügungsmöglichkeiten, während das Kapitel "Bayerisches Leben und Kultur" auf das "Dialektland Bayern" (vgl.: S. 85) und auf die Wiederentdeckung und Pflege des bayerischen Tracht eingeht. Hier liest man Wissenswertes über die Erfolgsgeschichte des Dirndls und kann sich im kleinen Trachtenlexikon schlau machen, was man u.a. unter einer Miesbacher Joppe, einem Pfoad, einem Fürtuch, einem Schalk etc. zu verstehen hat.

Die Religion in Bayern, auch religiöse Bräuche kommen zur Sprache, das Brauchtum und der bayerische Humor. Man erfährt Näheres zur Lach- und Schießgesellschaft und zu hintersinnigen Humoristin wie Karl Valentin. Mein komisches Wörterbuch: Sprüche für alle Lebenslagen. Die Künstler- und Bohemeszene - besonders in Schwabing - wird gut beschrieben und es werden die weiß-blaue Architektur und Kunst, aber auch die Musikszene keineswegs vergessen. Was wäre Bayern ohne die Maler? Schön, dass man ein Gemälde von Franz von Lenbach und ein weiteres von Franz abgelichtet hat.

Ganz zum Schluss wird Bayern kulinarisch erkundet. Alfons Schuhbeck kommt zu Wort, der zur "Creme bavaroise" alle Nichtbayern wissen lässt: "Eigentlich kannt s` von am bayrischen Bauernhof kemma, denn g`habt ham `s immer Eier und a Sahne. Vielleicht war anfangs no kei Vanille drin, aba an Schnaps, den ham s`immer scho schwarz brennt, also ham s` a Schnapserl mit neido."

Ein gelungenes Buch. Sehr informativ.