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Rezension Peter J. König: Unterwegs - Politische Erinnerungen- Gerd Ruge

Im Hanser Verlag Berlin ist dieses spannende und hochinformative Buch des Fernsehjournalisten und Buchautors Gerd Ruge verlegt worden. 

Wer kennt es nicht, das ernste, nachdenkliche Gesicht dieses Mannes, der wie kaum ein zweiter, die Nachkriegspolitik an den wichtigsten Brennpunkten unserer Zeit begleitet hat?  Als Journalist der ersten Stunde hat er die Entwicklung des politischen Beobachters in der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich mit geprägt. Er war einer der ersten, der nach der Gründung des Westdeutschen Rundfunks in Köln die journalistischen Grundlagen dieses Senders der ARD gelegt hat. Ein Vergleich mit der heutigen Arbeit eines Zeitungs- oder Fernsehjournalisten verbietet sich von selbst. 

Ruge war ein Pionier auf diesem Gebiet, zumindest für Deutschland unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Ohne politische Rückendeckung, Westdeutschland wurde noch von den westlichen Alliierten bestimmt, ohne große finanzielle Mittel und ohne die Möglichkeit der modernen Kommunikation hat er, quasi auf sich allein gestellt, seinen Weg gesucht, journalistisch erfolgreich zu arbeiten. 

Eine besondere Ausbildung für diesen Beruf gab es in der damaligen Zeit nicht, deshalb muss man sein enormes Engagement auch eher als Berufung sehen. Es hat ihn immer dorthin getrieben, wo er politische Veränderung vermutet hat. Dabei wurde er von seinem "guten Näschen" geleitet, einem untrüglichen Instinkt, der ihn oftmals zur richtigen Zeit an den richtigen Ort gebracht hat. Dies ist ja auch die Gabe, die den begnadeten Journalisten auszeichnet.

Dass Gerd Ruge befähigt ist, wird sofort klar, wenn man sich in seine Erinnerungen vertieft. In seinem Buch "Unterwegs" wird die ganz große Nachkriegspolitik erlebt, und zwar hautnah und weltweit. Ob in Europa unmittelbar nach Kriegsende oder dann in der Sowjet-Union, in den USA oder in China, von all seinen Stationen konnte Ruge von spannenden Momenten der politischen Umwälzungen berichten. Oft war er überhaupt einer der ersten Journalisten, der diese Veränderungen seinem Sender, und damit dem deutschen Zuschauer übermittelt hat. 

Dabei haben sich drei Hauptfelder seiner Arbeit heraus kristallisiert. Dies sind seine Korrespondentenstellen in Moskau, Washington und Peking. Jeweils für einige Jahre dort akkreditiert, konnte er über solch tiefgreifende Veränderungen wie z.B. die schrittweise Annäherung zwischen Russland und Deutschland nach dem Krieg, über Adenauer und Brandt, bis hin zu Kohl und seinen erfolgreichen Wiedervereinigungsgesprächen berichten, ebenso über den Untergang der Sowjet-Union und die Geburt des neuen Russland. In den USA hat er die Ermordung der beiden Brüder Kennedy erlebt, aber auch den mühsamen Prozess, weg von der Apartheit, das Aufbegehren der Farbigen, das einherging mit der Ermordung ihres Führers Martin Luther King.

In China hat Gerd Ruge als einer der wenigen Korrespondenten gearbeitet, die überhaupt anfänglich unter den Kommunisten zugelassen worden sind. Deshalb sind seine Erfahrungen dort von geradezu geschichtlicher Bedeutung. Wichtige Ereignisse hat er hier miterlebt, so wie die Studentendemonstrationen auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking, mit der blutigen Niederschlagung, aber auch später die enormen wirtschaftlichen Veränderungen im Land, bis hin zum großen industriellen Aufbruch.

Ohne Übertreibung muss festgestellt werden, dass Gerd Ruge einer der fähigsten und beliebtesten Journalisten unserer Zeit ist. Wie kaum ein anderer versteht er es, politische Sachverhalte verständlich und spannend seinem Publikum zu vermitteln. Dabei gilt in erster Linie sein Interesse den Menschen, die von den politischen Umständen getroffen werden. Bei ihnen will er ergründen, welchen Auswirkungen sie ausgesetzt sind, und wie sie sich damit arrangieren. Deshalb sind seine Reportagen so besonders eindrucksvoll, zumal sein langes Journalistenleben ihn in größeren Zeitabständen immer wieder an dieselben Orte gebracht hat und er dadurch beste Vergleichsmöglichkeiten hatte. 

"Unterwegs" vermittelt ein Stück gelebte Zeitgeschichte eines Mannes, dessen Arbeitsplatz primär nicht das Büro und der Schreibtisch war. Dies beweist er noch heute, denn noch immer zieht es ihn hinaus in die Welt, denn noch immer möchte er die Geheimnisse dieses Planeten ergründen. Alles dieses vermittelt Gerd Ruge in diesem besonders lesenswerten Buch.

 Sehr empfehlenswert

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