Kürzlich habe ich auf Twitter einen Tweet des Ullstein-Verlags verlinkt. Es handelte sich dabei um ein Zitat aus dem vorliegenden Büchlein, ganz konkret um den letzten Absatz. Dort ist zu lesen:
„Es ist Zeit, sich auf Sankt Martin zu besinnen, einen der Schutzheiligen Europas. Es ist Zeit, die Klöster und Kirchen für Flüchtlinge aufzumachen, es ist Zeit, die Herzen für Schutzsuchende zu öffnen und die Haushaltspläne aufzustocken: Es ist Zeit, die Globalisierung der Gleichgültigkeit zu beenden."
Die Publikation erschien am 29. Mai 2015. Zwischenzeitlich hat sich viel ereignet. Der Papst hat mittlerweile jede Pfarrei, jedes Ordenshaus und jede Wallfahrtsstätte in Europa aufgefordert, eine Flüchtlingsfamilie aufzunehmen. Doch dies kommt letztlich nur einem Tropfen auf einen heißen Stein gleich. Viele Menschen haben die Herzen für Schutzsuchende hierzulande mittlerweile geöffnet und dies ist auch bitter notwendig, wenn man sich die derzeitige Flüchtlingslage vor Augen führt. Bald wird es herbstlich kühl in Europa. Was dies für die Flüchtlinge heißt, dürfte jedem klar sein. Nun müssen wir verstärkt an die Flüchtlingsursachenbekämpfung denken und gleichzeitig Unterkünfte bauen für all jene, die alles verloren haben und hier bei uns derzeit zum Teil in Zelten wohnen.
"Zur Flüchtlingsursachenbekämpfung gehört eine restriktive Waffenexportpolitik und eine neue Handelspolitik." Das schreibt Heribert Prantl in seinem Plädoyer gegen die Abschottung Europas und für ein radikales Umdenken in der flüchtlings- und Einwanderungspolitik.
Heribert Prantl hat Rechtswissenschaften Geschichte und Philosophie studiert. Er leitet seit 1995 das Ressort Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung und ist seit 2011 dort Mitglied der Chefredaktion.
In seinem brillanten Text erinnert er zunächst an die "Internationale" und hier an die Anfangszeile, in der von den "Verdammten dieser Erde" die Rede ist. Heute seien die Verdammten dieser Erde die Flüchtlinge, die vor Bürgerkrieg und Folter, vor Hunger und absoluter Armut fliehen. Wie Prantl unterstreicht, sind sie ausgeschlossen aus der Welt, "in der ein Fünftel der Weltbevölkerung vier Fünftel der Reichtümer verbraucht."
Der Autor schreibt und wir erleben dies in Fernsehberichten mittlerweile täglich, dass die Europäische Union versucht, von der Not unbehelligt zu bleiben. Es funktioniert aber nicht mehr. Da werden Grenzen mit einem Netz von Radaranlagen und Satelliten gesichert, durch die Grenzschutzagentur "Frontex" Flüchtlinge abgedrängt und mittels einer Mauer aus Paragraphen alles versucht, um Flüchtlinge wieder nachhause zu schicken.
Der Autor erläutert das sogenannte "Dublin-System", wonach derjenige Staat, den der Flüchtling auf seiner Flucht nach Europa als Erstes betreten hat, für das Asylverfahren und die Aufnahme des Flüchtlings zuständig sei. Es liegt auf der Hand, dass dieses System erfunden worden ist, um die "Flüchtlingslasten" auf die Randstaaten der EU abzuwälzen. Dieses System funktioniert mittlerweile aber offenbar nicht mehr aufgrund der Massen an Flüchtlingen und Vertriebenen.
Prantl nennt das Dublin-System zu recht "ein schweinisches System", weil es ein Aufruf zu möglichst brutaler Flüchtlingsabwehr sei.
Die Rettungsinsel Lampedusa kommt zur Sprache und es wird auch erwähnt, dass in einer einzigen Woche im April 2015 über 1000 Menschen im Mittelmeer ertranken. Es waren Bootsflüchtlinge auf dem Weg nach Europa, erfroren und ertrunken "in der Kälte der europäischen Flüchtlingspolitik".
Der Jurist Heribert Prantl schreibt: "Der Tod der Flüchtlinge ist ein Teil der europäischen Abschreckungsstrategie. Die Europäische Union tötet. Sie tötet durch Unterlassen, durch unterlassene Hilfeleistung."
Ist Europa eine Festung? Offenbar wurde sie es, nachdem man sich vor dem Überlebenstrieb der Flüchtlinge zu fürchten begann.
Es führt zu weit, im Rahmen der Rezensionen sich weiter in Einzelheiten dieser Streitschrift zu vertiefen. Tatsache ist, die flüchtlingsarme Zeit in Deutschland ist nun vorbei.
Ich stimme Prantl zu, wenn er schreibt, "Zur Flüchtlingsursachenbekämpfung gehört eine restriktive Waffenexportpolitik und eine neue Handelspolitik" und empfehle jedem sich mit den sechs Punkten einer neuen europäischen Flüchtlings- und Asylpolitik im Buch zu befassen, hauptsächlich die zuständigen Politiker. Sie finden dieses 6 Punkte- Programm auf den Seiten 24 ff des Manifests.
In Punkt 6 geht es dabei um Flüchtlingskinder. Wie Prantl unterstreicht, verstößt der derzeitige Umgang mit Flüchtlingskindern massiv gegen die UN Kinderrechtskonvention als in Deutschland und Europa geltendes Recht. Darüber muss geredet werden, nicht nur am bevorstehenden #Weltkindertag.
Ich stimme Heribert Prantls analytischen Betrachtungen in seinem Büchlein völlig zu und auch seinen Vorschlägen wie man die derzeitigen Probleme bewältigen kann.
Die Streitschrift sollte möglichst von vielen Menschen gelesen werden, denn sie schafft Bewusstsein. Dass es daran leider mangelt, erlebt man täglich, nicht nur wenn man Statements im Internet liest.
Sehr empfehlenswert.
Helga König
Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Ullstein-Verlag und können das Buch bestellen http://www.ullsteinbuchverlage.de/nc/buch/details/im-namen-der-menschlichkeit-9783550081262.html. Sie können es aber auch direkt bei Ihrem Buchhändler um die Ecke ordern.
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