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Rezension:Zentral-Asien: Untersuchungen zu den Gebirgsketten und zur vergleichenden Klimatologie. Das Reisewerk zur Expedition von 1829: Untersuchungen zu den ... Das Reisewerk zur Expedition von 1829 (Gebundene Ausgabe)

Alexander von Humboldt ( 14. 9. 1769- 6.5. 1859) wurde zum Inbegriff des Pioniergeistes eines ganzen Jahrhunderts. Er war Naturwissenschaftler, Völkerkundler, Historiker, Archäologe...aber auch Abenteurer.
Seine Vielseitigkeit liegt schon in den frühen Begegnungen mit den bedeutendsten Persönlichkeiten seiner Zeit begründet. Von einer großen Anzahl prominenter Hauslehrer sorgfältig ausgebildet, geschult an den Vorbildern Goethe, Schiller und Georg Forster, brachte der junge Humboldt sehr rasch seine Studien in Frankfurt an der Oder, Göttingen und an der Bergakademie in Freiberg erfolgreich zu Ende.

Gemeinsam mit dem Botaniker Aimé Bonpland unternahm er 1799 bis 1804 seine große Reise nach den spanischen Kolonien Süd- und Mittelamerikas: Er fuhr auf dem Fluss Orinoco, gelangte bis nach Kuba und begab sich entlang der Andenkette bis nach Lima und später nach Mexiko. Er bestieg zahlreiche Berge und erreichte am Chimbarazo, an dessen Gipfel er leider scheiterte, die größte damals erreichte Höhe.

Kartographische Studien, basierend auf genauen astronomischen und barometrischen Messungen, ergänzte er durch Untersuchungen des Erdmagnetismus. Er legte nicht bloß eine riesige Sammlung von Mineralien und Gesteinen der durchreisten Regionen an, sondern führte diese zumeist unter abenteuerlichen Umständen mit sich. Gemeinsam mit seinem Begleiter fand er mehrere hundert bis dahin unbekannte Pflanzen, Muscheln, Insekten, Reptilien und Vögel. Er studierte indianische Sprachen, trieb archäologische Studien und " hieroglyphische Gemälde " der Indios. Als erster nahm er auch, die durch Kolonisten und Indios verschuldeten Umweltveränderungen wahr.

All dies hielt er in seinem riesigen Reisewerk fest, mit dem er die Geophysik und die Pflanzengeographie begründete. 1929 begab er sich dann auf seine " Asiatische Reise ". Humboldt reiste damals über das Baltikum und Moskau und im Stil eines russischen Gouverneurs - die Kaleschen legten in 25 Wochen 15400 Kilometer zurück - bis zum westlichen Posten der chinesischen Mongolei. Aber die Militärseskorte und die Spitzel des Zaren waren ihm so lästig, dass er die Einladung zu einer zweiten Reise ausschlug. Zu den hervorragenden Eigenschaften des liberal gesinnten Humboldt zählte seine Unabhängigkeit.

Das vorliegende über 900 Seiten umfassende Buch, mit vielen Fußnoten und einen beeindruckenden Literaturverzeichnis ist das Reisewerk zu dieser Expedition von 1929, das später in die Darstellung des gesamten Wissens über die Erde( " Kosmos " ) eingegangen ist. Der 3 bändigen Reisebeschreibung sind Reiseeindrücke seines Begleiters Gustav Rose und private Briefe Humboldts, die dieser während der Expedition verfasste, vorangestellt.

An seinen Bruder schreibt er im Juni 1829 " So sind wir denn ohne Unfälle , teurer Bruder, in Asien angekommen. Seit 6 Tagen sind wir im Ural, die asiatische Grenze hat freilich einiges Ansehen der Tegelschen Heide, aber mit denselben Bestandteilen sind doch die Wälder gruppiert........ Eine solche Reise, eine solche Ansicht so vieler Völker , Tataren, Baschkiren, Waiketen, Wogulen, Kalmüken, Kirgisen, Bukharen wird angenehme Erinnerung hinterlassen..." Das tat sie denn auch, wie sein umfangreiches Reisewerk dokumentiert.
Im Rahmen von drei Bänden über Zentral-Asien befasst er sich mit Untersuchungen über die Gebirgssysteme und die vulkanischen Phänomene im inneren Asiens, beschreibt alles, was er sieht - sehr packend übrigens -, benennt u .a. die Steppenländer und nimmt dazu Stellung und stellt wissenschaftliche Betrachtungen über die Temperatur und die Feuchtigkeit der Luft in einigen Teilen von Asien, insbesondere im asiatischen Russland an.

Humboldt hat u.a. in gemeinsamer Arbeit mit seinen Begleitern auf der Reise vom Ural und dem Altai bis zum Kaspischen Meer die geognostische Beschaffenheit des Bodens untersucht und durch barometrische Messungen die Beziehungen zwischen Erhebungen und Senkungen ermittelt, zudem die Veränderungen des Erdmagnetismus auf verschiedenen Breitengraden( insbesondere die Zunahme der Inklination und der Intensität der magnetischen Kräfte), die Temperatur im inneren des Erdballs, den Feuchtigkeitsgehalt der Atmosphäre, die astronomischen Positionen einiger Orte und die geographische Verbreitung von Pflanzen und mehrerer wenig untersuchter Gruppen der Tierwelt festgehalten. Im Buch enthalten ist u.a. auch die bemerkenswerte Rede, die Alexander von Humboldt im November 1829 in der außerordentlichen Sitzung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Petersburg hielt und in der er Stellung zu seiner Expedition nimmt.

Einblicke erhält man in handschriftliche Aufzeichnungen Humboldts, und in seine mineralogischen, botanischen, zoologischen, ethnologischen und philologischen Sammlungen. Zudem kann man altes Kartenmaterial sichten.
Professor Oliver Lubrich hat das Werk neu bearbeitet und herausgegeben. An dieser Stelle eine kritische Beurteilung zu wagen, wäre vermessen. Das Buch ist eine Lebensanschaffung, in der es sich immer wieder zu lesen lohnt, nicht zuletzt , weil hier dokumentiert wird , wie unerforscht vor noch nicht allzu langer Zeit unsere Erde war, die durch die Globalisierung in den letzten Jahren auf merkwürdige Art zusammengeschrumpft ist und ihre Geheimnisse immer rascher preis gibt.
Ob Humboldt dies bedauert hätte, sei dahingestellt.

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