Jörg Schindler, der Autor dieses hervorragenden Buches wurde 2009 gemeinsam mit seinem Kollegen Matthias Thieme mit dem Wächterpreis für investigativen Journalismus ausgezeichnet. Schindler legt in "Die Rüpel-Republik" den Finger auf nicht jedem bekannte Missstände. Dabei möchte er verdeutlichen, dass wir offensichtlich mehr gegen- als miteinander leben. Es geht ihm um die Fragen: Was hat uns so unsozial hat werden lassen? Und wie möchten wir in Zukunft miteinander auskommen?
Jeder kennt diese leidigen Nachbarschaftsstreitigen, die dann entstehen, wenn jemand die Grenzen nicht respektiert. Davon ist u.a. im ersten Teil des Buches die Rede, aber auch, weshalb im Internet so gut wie keine Hemmschwellen mehr existieren. Die Kommunikationswissenschaftlerin Ruth Festl hebt hervor, dass Mobbing ein Phänomen ist, den man Aufmerksamkeit schenken sollte. Sie leitet seit Beginn des Jahres eine Langzeitstudie zum Thema Cyber-Mobbing an der Universität Hohenheim. Hier zeigen Vorstudien bereits, dass Cyber-Mobbing an Schulen schon längst zur Regel geworden sind. Nicht selten geht es darum, soziale Beziehungen zu zerstören. Die Wissenschaftlerin hebt hervor, dass Cyber-Mobbing kein individuelles Problem sei und man mit Täter-Opfer-Profilen allein nicht weiterkomme, (vgl.: S.63).
Der Autor thematisiert eine Untersuchung, wonach die generelle spontane Hilfsbereitschaft sinkt, wenn man Belohnungen ins Spiel bringt und zeigt auf, dass Gesellschaften mit einem hohen Vertrauenspotential schneller wachsen. Personen, die ihren Mitmenschen vertrauen, „melden sich häufiger freiwillig, spenden mehr für gute Zwecke, engagieren sich stärker in der Politik und Gesellschaft, sitzen bereitwilliger in Jurys, spenden regelmäßiger Blut, kommen umfassender ihren Steuerverpflichtungen nach, sind toleranter gegenüber Minderheitsmeinungen und offenbaren viele andere zivile Tugenden, (vgl.: S. 76).
Schindler hält fest, dass wir uns von unseren Freunden und Nachbarn immer mehr entfernen. Im Jahre 2010 fand sich nur eine unter den 15 wichtigsten Freizeitaktivitäten der Bundesbürger, die zwingend einen leibhaftigen Kontakt von Mensch zu Mensch notwendig macht, (Näheres hierzu Seite 79).
Aus einer Tu- hat das Fernsehen eine Guckgesellschaft gemacht. Ein exzessiver Konsum von Unterhaltungsfernsehen macht Menschen nicht nur materialistischer, sondern auch aggressiver. Auf der Strecke bleiben Mitgefühl und Empörung.
Der Autor hinterfragt, wie sozial Netzwerke eigentlich sind und kommt nicht gerade zu erfreulichen Ergebnissen. Er zitiert einen vor lauter Netzwerkerei erschöpften Studenten: "Es muss schön gewesen sein, als man Menschen einfach nur kennenlernen könnte, indem man mit ihnen sprach." (Zitat. S.98).
Schindler verdeutlicht so viele Momente, die dazu führen, dass wir uns immer seelenloser und damit auch unsozialer verhalten und macht klar, wieso bei allem die Zufriedenheit nicht wächst.
Der Autor übt aber nicht nur Kritik, sondern zeigt konstruktiv zum Schluss Lösungsansätze auf, wie wir es schaffen können, unsere rücksichtslos gewordene Gesellschaft positiv zu verändern. Dass es Zeit wird, dass sich etwas ändert, werden nur eingefleischte Rüpel bestreiten. Neue Wege zu gehen lohnt sich. Warum nicht diese, die Schindler hier anbietet?
Ein Buch, das ich gerne empfehle, weil es aufrüttelt und zum Nachdenken anregt.
Helga König
Helga König
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