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Rezension: Peter J. König: #ROM- Die Biographie eines Weltreichs -#Greg_Woolf- #Klett_Cotta

Die Geschichte Roms darzustellen, ist ein Werk von bedeutendem Ausmaß, handelt es sich doch dabei um die Weltmacht, die mit Abstand am längsten existiert hat, unglaubliche 1500 Jahre, wenn man das antike Rom von den Anfängen der Republik bis zum Ende der Kaiserzeit betrachtet. Um hier die Zusammenhänge richtig zu erkennen und sie zu deuten, bedarf es eines Autors, der ganz außergewöhnliche Kenntnisse über die Entwicklung Roms besitzt. Einer der wenigen, der dazu in der Lage ist, ist der Autor dieses spannenden und höchst informativen Sachbuchs mit dem alles sagenden Titel "Rom, die Biographie eines Weltreichs" Professor Greg Woolf, einer der weltweit führenden Historiker für die Geschichte des Römischen Reichs.

Woolf hat Altertumswissenschaften in Oxford und Cambridge studiert und lehrt heute die Geschichte des Altertums an der renommierten Universität St. Andrews in Schottland. Dabei sind die Schwerpunkte seiner Forschung die römische Wirtschafts-und Sozial-Geschichte, ebenso erforscht er die Geschichte der antiken Religion. Bekanntermaßen ist die Geschichte des Römischen Reiches ein nicht wegzudenkender Teil einer gymnasialen Ausbildung, wobei die Kenntnisse eher rudimentär vermittelt werden. So bleibt es auch nicht aus, dass den Allermeisten überhaupt nicht klar ist, welchen enormen Einfluss das Römische Reich auf die Entwicklung der westlichen Hemisphäre bis heute hat, weitaus mehr als jede andere Kultur.

Selbst die "Alten Griechen" können bei weitem nicht mithalten, obwohl auch ihr Einfluss die römische Geschichte mit prägte. Anfang und Ende des Römischen Reiches sind nur unklar zu erkennen, deshalb gilt die Gründung Roms durch Romulus im Jahre 753 v. Chr. als Beginn, während das Ende unterschiedlich interpretiert wird, vom Wechsel der Herrscher von Rom nach Konstantinopel, bis hin zur Krönung Karls des Großen im Jahre 800 n. Ch. als römischer Kaiser.

Greg Woolf zeigt in sehr nachvollziehbarer Weise auf, wie sich das antike Rom von einer kleinen Siedlungsgründung zu einem Weltreich entwickelt hat, dessen Ausmaße von Britannien über den gesamten Eurasischen Kontinent bis weit nach Asien hinein reichte. Dabei spielt die militärische Überlegenheit eine entscheidende Rolle, denn ständig wurden neue Gebiete erobert, oder Aufstände in besetzten Gebieten niedergeschlagen. Um ein solches Riesen-Reich mit einer Unzahl völlig unterschiedlicher Völker zu beherrschen, bedurfte es ganz besonderer Strategien in Verwaltung, Logistik aber auch permanenter militärischer Macht.

Hier haben die Römer Einzigartiges geschaffen, und wenn wir an das Römische Recht denken, so hat dies noch heute fundamentalen Einfluss auf unsere aktuelle Gesetzgebung und Rechtsprechung. Wie intensiv die Geschichte Roms ist, zeigt allein die Anzahl der nicht zu überblickenden Daten, die man schon als Schüler im Geschichtsunterricht vermittelt bekommen sollte. Tatsächlich ist dies aber nur der berühmte "Tropfen auf den heißen Stein", wenn man bei der Lektüre dieses umfangreichen Werkes von Greg Woolf erfährt, wie die Geschichte Roms im Überblick wirklich aussieht.

Der Autor hat mit diesem Buch ein Standardwerk über das Römische Reich entwickelt, das Licht in das Dunkel der kaum zu entwirrenden Zahlen und Zusammenhänge gebracht hat, sodass man nicht römische Geschichte studiert haben muss, um das Weltreich am Tiber in seinen Ausmaßen und seiner Bedeutung zu begreifen. Gleichzeitig ist es Greg Woolf gelungen noch viel weiter in die Geschichte vorzudringen, indem er das Römische Reich mit anderen Reichen der Antike vergleicht, um so die Einzigartigkeit dieses einzigen Weltstaates der Geschichte in seiner Bedeutung zu analysieren, in Hinblick auf die zivilisatorische und politische Rolle die Rom für die ganze Welt gespielt hat und heute noch spielt. Besonders erwähnenswert ist auch die Arbeit von Andreas Wittenburg, dem Übersetzer dieses Werks, denn so etwas ist nur zu leisten, wenn man selbst die nötigen Kenntnisse der Materie mitbringt.

Da Andreas Wittenburg selbst Alte Geschichte an verschiedenen Universitäten in Europa gelehrt und einige Bücher über antike Geschichte verfasst hat, ist ihm die Übersetzungsarbeit aus dem Englischen bestens gelungen. So ist diesen beiden Historikern ein Werk geglückt, das nicht nur informativ und anschaulich ist, sondern auch neugierig macht und spannend zu lesen ist.

Sehr empfehlenswert

Peter J. König

Das Buch ist in Fachbuchhandel erhältlich.

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Rezension: Zeiten der Erkenntnis- #Ian_Mortimer #Piper

Autor dieses aufschlussreichen Buches ist der erfolgreiche, britische Historiker Ian Mortimer. Das faktenreiche Werk mit dem Titel "Zeiten, der Erkenntnis" befasst sich wie der Untertitel bereits deutlich macht, mit den großen Veränderungen, die uns bis heute prägen. 

In der Einführung schreibt der Autor, dass dieses Werk keine Geschichte der ganzen Welt und auch keine umfassende Geschichte einiger Länder oder einer Region sei, denn viele sehr bedeutsame Ereignisse der Nationalgeschichten kommen hier gar nicht vor oder werden nur gestreift. Es geht in erster Linie um eine Synthese des Denkens über die Entwicklung des Westens, um Antworten auf eine spezifische Frage zu finden. Das auch ist der Grund, weshalb bestimmte  Persönlichkeiten und Themen weniger Raum erhalten als man ihnen gemeinhin in Geschichtsbüchern einräumt. 

Vom 11. Jahrhundert an hat Mortimer für jedes Jahrhundert ein bemerkenswert eloquentes Kapitel verfasst und thematisiert wichtige historische Veränderungen, wie etwa das Ende der Sklaverei im 11. Jahrhundert, die Entdeckungen des 15. Jahrhunderts und in besagtem Jahrhundert auch den Realismus und Naturalismus der Renaissance, den Buchdruck und die Alphabetisierung wie des Weiteren die Reformation. Ob nun der Aufstieg der Mittelschicht im 17. Jahrhundert, der Liberalismus der Aufklärung und die industrielle Revolution im 18. Jahrhundert, die sozialen Reformen des 19. Jahrhunderts oder die Elektrik und Elektronik des 20. Jahrhunderts gerade im Betrachtungsfokus sind, jedes Kapitel endet mit einer gut nachvollziehbaren Zusammenfassung und es wird auch jeweils der wichtigste Akteur des Wandels näher erläutert. 

Gehen wir ins 12.  Jahrhundert so lernen wir dort als wichtigsten Akteur des Wandels Pierre Abaelard kennen. Dessen Rationalität war etwas ganz Neues. Die Auswirkung seines Rationalismus wurde im darauf folgenden Jahrhundert von Thomas von Aquin weiterentwickelt und Gratian übernahm die dialektische Methode in seinem Decretum. Jede Universität hat sich in der Folge eine Fakultät für Theologie eingerichtet und arbeitete primär mit Abaelards Rationalismus. Mortimer nennt als Gründe Abaelard zum wichtigsten Akteur des 12. Jahrhunderts zu erklären: seine Mitwirkung daran, Aristoteles zum herausragenden Philosophen für die Gelehrten des 12. Jahrhunderts machen, aber auch  sein Engagement im Hinblick seiner Entwicklung der Theologie, seiner Ethik, seiner kritischen Methode und seiner indirekten Wirkung auf das Sittengesetz der gesamten Christenheit durch dessen Einfluss auf das Decretum. 

Sehr interessant fand ich die Abwägung im 18. Jahrhundert im Hinblick auf den wichtigsten Akteur des Wandels. Jean-Jacques Rousseau soll hier die Menschen seiner Zeit am meisten verändert haben. Seine Ideen inspirierten den Ruf nach Toleranz, Freiheit und Gleichheit, der 1789 in  die Französische  Revolution mündete. 

Am Ende seiner vielen Betrachtungen zieht der Autor ein umfangreiches Fazit. Hier geht er der Frage nach, welches Jahrhundert den größten Wandel erfahren hat. Er betrachtet hier die Kriterien Stabilität und Veränderung, analysiert die jeweilige Bedürfnishierarchie und den sozialen Wandel mit Blick auf besagte Hierarchie. Die Ergebnisse möchte ich an dieser Stelle aber nicht verraten, um die Spannung im Hinblick auf das sehr lehrreiche Buch nicht zu mindern, das ich gerne weiterempfehle. 

Helga König

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Rezension: Die Sprache des Geldes und warum wir sie verstehen (sollen)- #John_Lanchester.#Klett_Cotta

John Lanchester zählt zu den führenden Intellektuellen Englands. 

Der Autor hat mit diesem Buch ein Standardwerk für  alle vorgelegt, das die komplizierte Sprache des Geldes entschlüsselt. Die  teilweise polemische Publikation ist keineswegs in erster Linie ein Nachschlagwerk, obschon es die Begriffe rund um das Geld chronologisch ausführlich erklärt, sondern ein hoch eloquenter Text der Zusammenhänge in Bezug auf Geld begreifbar macht. Da der Autor brillant schreiben kann, spricht das Werk auch Leser an, die den Wirtschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen normalerweise lieber überblättern. 

Man erfährt nicht nur Wissenswertes zu Begriffen wie "Ersparnisse" und "Investitionen" etc., sondern kann sich beispielsweise auch zu dem Begriff  "Elendsindex" informieren. Was "Fiatgeld" ist, wird nicht jeder wissen. Lanchester erklärt es sehr gut im Geldlexikon, nimmt aber auch in seinem Aufsatz "Die Sprache des Geldes", der dem umfangreichen Geldlexion vorangestellt ist,  Bezug dazu.  In besagtem Aufsatz sind komplexe Gedankengänge auf rund 60 Seiten so dicht zusammenfasst, dass man sie nicht in wenigen Worten wiedergeben kann, ohne den Sinn zu verfälschen. 

Mit den Arbeiten und essentiellen Gedanken von  namhaften Ökonomen wird man umfassend vertraut gemacht. Auch werden Begriffe wie "Moral Hazard" nicht ausgespart und man wird zudem u.a. über "die Theorie über den Mehrwert" nicht im Ungewissen gelassen. 

Wie kritisch der Autor die Begriffe unter die Lupe nimmt,  sieht man beispielsweise bei dem Begriff "Synergie", den er als "Bullshit" begreift. Er definiert  Synergie "Wenn es überhaupt etwas bedeutet, dann den Zusammenschluss zweier Unternehmen, bei dem die Unternehmensführung die Gelegenheit bekommt, Leute zu entlassen." Es gehe beteiligten Unternehmen stets darum, Kosten zu sparen und den Gewinn zu steigern. Wie Lanchester weiter schreibt, kosten solche Zusammenschlüsse zumeist mehr Geld als sie in der Folge einbringen. In diesem Zusammenhang weist er auf die dadurch entstehende Wertevernichtung hin, einen Begriff, den er  an anderer Stelle ausführlich erläutert. 

Im Nachwort Lanchesters zum Schluss dokumentiert er seinen analytischen Verstand und die Tatsache, dass er einer der führenden Intellektuellen in England ist. 

Sehr empfehlenswert. 

Helga König

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Rezension: Geo Epoche- Das Magazin für Geschichte- Nr. 75 – Die Pest

Dieses Geo-Magazin thematisiert im Rahmen von 13 Textbeiträgen unterschiedlicher Autoren die größte Katastrophe des Mittelalters: Die Pest.

Damals starben um 1350 in Europa mehr als 20 Millionen Menschen an der verheerenden Seuche. Jeder Dritte auf unserem Kontinent erlag der Pandemie.

Joachim Telgenbüscher schreibt: "Die Pest beginnt mit Gliederschmerzen, Frösteln und Fieber, dann schwellen die Lymphknoten an, füllen sich mit Blut und Eiter. Schwärende Beulen entstellen den Erkrankten, bald darauf vernebeln Halluzinationen und Schwindel ihren Verstand bis nach wenigen Tagen die geschwächten Körper kollabieren und alle Organe versagen."

Anhand von alten Bildern erhält man einen Eindruck von dieser Plage, die Folge des Handels mit Schätzen aus fernen Ländern war. Die weitgespannten Kontakte wurden den Europäern zum Verhängnis. Schuldige für die Pest wurden vielerorts gesucht und es dauerte lange bis man die eigentlichen Ursachen erkannte.

Anhand einer Landkarte hat man die Gelegenheit, den Weg der Pest nachzuvollziehen. 1340 flammte sie in Zentralasien auf, sechs Jahre später erreichte sie das Mongolenreich an der Wolga, ein Jahr danach Italien und dann ganz Europa. Zunächst erfährt man von der Belagerung der Hafenstadt Caffa auf der Krim seitens der Mongolen. Sie war eine merkantile Metropole und soll ein Ort des Profits und der Skrupellosigkeit gewesen sein.

Man liest über das Leben und den Handel in dieser Stadt in der genannten Zeit, auch über die Belagerung durch die Mongolen und schließlich über das Ausbrechen der Pest. 

Das Wesen des Schwarzen Todes wird näher beleuchtet. Man erfährt hier u.a. den Unterschied zwischen Beulen- und Lungenpest und deren Ursprünge. Im Frühling 1348 grassierte die Seuche in Venedig, eingeschleppt wurde sie mit Frachtschiffen. Der mehrseitige Beitrag mit dem Titel "Stadt der Sterbenden halte ich für den wichtigsten im Magazin, um sich das Ausmaß der Katastrophe klar zu machen. Etwa 70 000 von gut 100 000 Venezianern wurden dahingerafft. Es gab Mangel an allem, auch an Ärzten. Istrien – die Halbinsel -  zählte auch zu den venezianischen Gebieten  und war von der Bevölkerung her völlig ausgelöscht. Um Neuansiedler anzulocken, sprach die Regierung jeden 5 Jahre lang frei von allen Abgaben und Frondiensten. Ich möchte den Inhalt des Beitrags hier nicht verkürzt wiedergeben. Man muss sich in den Text reinvertiefen und die Bilder dazu sich vergegenwärtigen, damit man begreift, wozu Menschen fähig sich, wenn eine Seuche dieser Art über sie hereinbricht. 

Interessant auch ist der Beitrag, der sich mit der Ohnmacht der Gelehrten befasst. 600 Jahre sollte es noch dauern bis man endlich die Pest heilen konnte und ebenfalls interessant ist es zu erfahren, wie man nach Sündenböcken suchte und wie sollte es sein, diese bei den jüdischen Geldverleihern vermutet hat. Als die Pest nahte, nahmen überall die Angriffe von Christen auf Juden zu. Ewig das gleiche Lied...Die Menschen lernen nicht dazu. 

Auch über England liest man. Dort war die Hälfte aller Einwohner aufgrund der Pest gestorben. Bemerkenswert finde ich den Beitrag über die Flagellanten. Es waren Bauern, Städter, Ritter und Geistliche, die barfuß durchs Land gingen, sich selbst auspeitschten um die Leiden Christi nachzuempfinden und glaubten auf diese Weise die Menschheit vor der Pest retten zu können. Hilfloses Bemühen in immer aberwitzigeren Formen... 

Die Folgen der Pest waren überall gravierend, sowohl sozial, wirtschaftlich und kulturell. Eine Vielzahl von Gesetzen war die Folge, um Herr der chaotischen Lage zu werden. Auf diese Weise entstand die Grundlage für den modernen Staat. 

Sehr empfehlenswert. 

Helga König