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Rezension: Der lange Abschied von der weißen Dominanz- dtv- Charlotte Wiedemann


#Charlotte_Wiedemann hat sich als Auslandreporterin in Asien und Afrika, speziell in der islamischen Welt mit der Thematik "Wir und die anderen" auseinandergesetzt. In ihrem faktenreichen, spannend zu lesenden Buch schreibt sie gegen die Angst und Abschottung von uns Europäern gegenüber Menschen aus Drittländern an und wirbt dafür, uns zu verändern und zu befreien. 

Im Rahmen von insgesamt 7 Kapiteln denkt sie Heimat und Welt zusammen, weil anders dies im Hier und Heute nicht mehr möglich ist. Die Autorin schreibt, dass wir Europäer einen historischen Abstieg verkraften müssen und hofft, dass wir dabei nicht in den Faschismus verfallen. 

Bei allem müsse man die #Angst vor dem #Machtverlust berücksichtigen, um zu begreifen, weshalb #Migration und kulturelle oder religiöse Verschiedenheiten immer schwerer akzeptiert werden. Wiedemann weiß, dass jene, die die Vielfalt zurückdrehen möchten, dem Bürgerkrieg das Wort reden. 

Die Autorin geht zunächst in ihre Kindheit zurück, um zu dokumentieren, dass die Grundschule von heute mit der Volksschule von einst nicht mehr viel gemein hat. Heute herrscht Vielfalt, nicht nur was die Haarfarbe und Herkunft anbelangt, auch die Lebensstile der Eltern und die Unterschiede zwischen arm und reich klaffen ungleich auseinander. Wiedemann erzählt parallel dazu, die Geschichte eines afrodeutschen Jungen (Besatzungskind), der auch in der ersten Hälfte der 1950er Jahre geboren worden ist, massive Probleme hierzulande und später als adoptierter Junge in den USA  bekam, weil dort damals Rassismus allerorten noch Programm war. 

Die Erfahrungswelten junger und alter Menschen im Hinblick auf Migranten sind heute noch immer sehr verschieden, die Gründe hierfür werden genannt. An den Unis kommt mittlerweile jeder Fünfte aus einem anderen Land unter ihnen viele Chinesen. Jeder Zweite unter 30 meint,  man könne und solle mehr Schutzsuchende aufnehmen. Die Angst vor "Überfremdung" wird demnach mit den alten Menschen  möglicherweise aussterben. Nur 3 Prozent unserer migrantischen Bevölkerung lebt in Ostdeutschland. Vielleicht ist es die Unkenntnis, die das negative Verhalten gegenüber Pluralität hat entstehen lassen.

Spannend zu lesen, dass die Angst vor dem Katholizismus in den USA bis Mitte des 20. Jahrhunderts analog wirkmächtig war wie heute in Europa die Angst vor dem Islam. Die eigene Zugehörigkeit zur Gemeinschaft, zur Nation werde durch den "Feind" infrage gestellt und so ist die Phase des Überlebenskampfes erreicht, der alle Mittel rechtfertigt. Auch hier wird es  einen Wandel geben, alles eine Frage der Zeit wie das Beispiel USA zeigt.

Wer Vielfalt bejaht, akzeptiert: #Aushandlung, #Antagonismus und #Ambivalenz  betont die Autorin. Dieses zu tun ist so wichtig, weil alle gemeinsam viel besser die eigentlichen Probleme unseres Jahrhunderts bewältigen können, als da sind: Ökologische Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit. 

Nicht grundlos reflektiert Charlotte Wiedemann #Rassismus und #Respekt. Dabei betont sie, dass die systematische Abwertung anderer Kulturen, gestützt durch Wissenschaft, Wirtschaft, Kirchen, Militär über sehr lange Zeit, ein weißes Erbe war. So berichtet sie von Menschenzoos- ganz unglaublich- , die es einst in Europa gab, um die Wildheit außereuropäischer Kulturen zu dokumentieren. Besucht wurden die Zoos  in all den Jahren von anderthalb Milliarden Personen. Wie borniert müssen diese Gaffer gewesen sein? Herrenmensch-Idiotie allerorten...

Für viele Konflikte laute das Schlüsselwort #Respekt und der fängt bereits bei der Wortwahl an. Vorurteile gilt es zu bekämpfen und es gilt, uns auch bewusst zu machen, dass in anderen Kulturen "Würde" möglicherweise einen höheren Stellenwert hat als bei uns. 

Wann ist eine Frau tatsächlich befreit? Ist sie es, wenn ihr Körper mittels sexueller Werbung kommerzialisiert wird? 

Unmöglich all das zu benennen, was Charlotte Wiedemann hier gedanklich auslotet, beispielsweise auch Gewalt sowie den Kolonialismus, Shoa und das Weltgedächtnis. 

Humanität ist gefragt und ist ein Indiz für Klugheit, nicht nur jetzt, wo die weiße Dominanz sich für immer verabschiedet und Hochmut ein Garant für den Fall ins Uferlose darstellt. 

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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