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Rezension Peter J. König: S T E F A N I E W A S K E- N A C H L E K T Ü R E V E R N I C H T E N !- Der geheime Nachrichtendienst von CDU und CSU im Kalten Krieg

Obwohl ich mich mein Leben lang mit Politik befasse, ist der Inhalt dieses vorliegenden Buches von Stefanie Waske, da sie anhand von unzähligen Akten und Archiveinblicken sehr detailliert aufzeigt, wie CDU und CSU während der sozial-liberalen Koalition unter Brandt einen eigenen Geheimdienst aufgebaut haben, mir völlig neu. Initiatoren dieser konspirativen Aktivitäten sind so bekannte Namen, wie zu Guttenberg oder von Stauffenberg, Vorfahren von heutigen bekannten Mitgliedern dieser Familien, aber auch Kinder der einstigen Widerstandskämpfer gegen Hitler. Sie alle eint nicht nur die Mitgliedschaft oder zumindest die Nähe zu den konservativen Parteien CDU und CSU, sondern es ist die Ablehnung gegenüber der Brandt’schen Ostpolitik, die sie mit geheimdienstlicher Aufklärung als das entlarven wollten, von dem sie zutiefst überzeugt waren, nämlich der Verkauf der BRD an die Sowjets und eine kommunistische Infiltration und Einflussnahme auch in Westdeutschland.

 Die unzähligen Quellen, die die Autorin anführt, zeigen nicht nur die Hysterie, die bei den Akteuren vorhanden war, nicht nur die Verstrickungen bis in die höchsten Kreise der christlichen Parteien, nein sie zeigen deutlich, welches konfrontative Denken zu der damaligen Zeit zwischen den Parteien stattgefunden hat und einiges erinnert an die geheimdienstlichen Methoden das Dritten Reiches oder der Stasi in Ostdeutschland. Dazu trägt nicht nur die permanente Ausspähung der "anderen Seite" bei, es sind insbesondere die dubiosen Personen, die sich als Informanten anbieten, die an Machtgebaren totalitärer Regime erinnern.

 Für den in München etablierten Geheimdienst, der ständig auf der Suche nach neuen Informationen und verwertbaren Dossiers aus dem kapitalistischen Dunstkreis, aber auch aus kommunistischen Quellen bemüht war, kamen die Ostverträge mit der Sowjet-Union und den anderen Ostblockstaaten, dem Untergang des Abendlandes gleich, zumal man in den Unionsparteien auch nicht informiert war, welchen Inhalt sie hatten und besonders welche Zugeständnisse dort gemacht werden sollten. Die Zeit des Kalten Krieges hat hier deutliche Spuren hinterlassen, aber am Lauf der Geschichte konnte auch noch so aktives Handeln von Stauffenberg und seiner Truppe nichts ändern. 

 Nachdem die Konfrontation zwischen Ost und West durch die Ostverträge geringer wurde, verlagerten die selbsternannten Geheimdienstler ihre Investigationen auf die Abwehr östlicher Spitzeldienste und die Beschaffung von Informationen gegen den Terrorismus, speziell gegen die RAF und andere international operierende Terrorbanden. Viel Erfolg war ihnen dabei nicht beschieden, alles blieb mehr dilettantisch an der Oberfläche, weshalb es ihnen auch immer schwieriger fiel, ihre Existenzberechtigung bei den Parteispitzen zu begründen. Damit sie private finanzielle Unterstützung in dem Maße bekamen, dass sie den Betrieb aufrecht erhalten konnten, hat wohl mehr mit den persönlichen Beziehungen der bestens vernetzten Führungspersönlichkeiten zu tun. Mit der Wahl von Helmut Kohl zum Bundeskanzler wurde diese Informationstruppe überflüssig, die Christdemokraten konnten sich wieder der staatlichen Institutionen für Aufklärung bedienen. Dementsprechend wurde die Gruppe durch ihren Leiter von Stauffenberg aufgelöst, nachdem es zuvor noch zu einem Prozess wegen Geheimnisverrat gekommen war, den aber alle Angeklagten glimpflich überstanden.

Mittlerweile hat die Geschichte den Mantel des Vergessens über diese politisch fragwürdigen Geschehnisse ausgebreitet. Nur die Archive vermitteln noch den damaligen Sachverhalt. Allein das Buch von Stefanie Waske, das sehr genau und anschaulich diese Vorgänge, die bestimmt kein Ruhmesblatt für die christlichen Parteien CDU und CSU aufzeigen, gibt dem politisch Interessierten noch dankenswerter Weise die Chance, Zeitgeschichte in der noch jungen Parteiendemokratie zu erfahren. 

 Empfehlenswert 

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Rezension Helga König: Stauffenbergs Gefährten: Das Schicksal der unbekannten Verschwörer (Gebundene Ausgabe)

Dieser Tage wird im Fernsehen der Dreiteiler "Unsere Mütter unsere Väter" gezeigt, ein Film, den man nicht genug loben kann und dessen Inhalt mich seither sehr beschäftigt. Dargestellt wird in erster Linie, wie durch das NS- Regime und durch den Krieg, den die Nazis angezettelt hatten, die Mitmenschlichkeit und das Mitgefühl den meisten Deutschen abhanden kam. Die Brutalität des Krieges wird anhand vieler kleiner, sehr aufwühlender Szenen dem Betrachter nahe gebracht. Dass es Menschen gab, die dem teuflischen System ein Ende bereiten wollten, wird durch das Buch "Stauffenbergs Gefährten" deutlich.

Lars Broder Keil, einer der beiden Autoren schreibt zu Beginn seines Porträts über den Widerstandskämpfer Erich Fellgiebel folgende einleitende Sätze: "Unrechtsregime haben die perfide Eigenschaft, sich nicht nur mir vernichtender Härte an ihren Gegnern zu rächen. Als würde es nicht schon reichen, sie zu verfolgen, einzusperren oder gar zu töten, werden oft auch noch ihre Motive in Zweifel gezogen, "(Zitat: S. 45).

 "Stauffenbergs Gefährten" wurde von der zwischen 1994 bis 2005 als Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages amtierenden Politikerin Antje Vollmer und dem Publizisten Lars Broder Keil verfasst. Thematisiert wird das Schicksal der bei heutigen Zeitgenossen kaum bekannten Verschwörer. Wie die Autoren gleich zu Beginn hervorheben, riskierten diejenigen, die am Widerstand teilnahmen, nicht nur für sich selbst viel, sondern auch für das gesamte soziale Umfeld.

 Etwa 180 Personen wurden allein aus dem Kreis des militärischen Widerstands zwischen dem 20. Juli 1944 und dem 8. Mai 1945 hingerichtet. Zuschauer des Films "Unsere Mütter und unsere Väter" wundert es gewiss, dass nicht mehr Soldaten den Mut aufbrachten, dem Wahnsinn ein Ende zu setzen. Die Gehirnwäsche hatte offenbar bestens funktioniert. Nur wenige waren in der Lage noch selbst zu denken. Viele hatten Angst und keinen Mut.

 Die Autoren haben 10 Personen ausgewählt, die aufgrund ihres Widerstandes es Wert sind, nicht vergessen zu werden. Der persönliche Anteil am Staatsstreich vom 20. Juli 1944 war dabei sehr unterschiedlich. Einige der Personen standen im Zentrum der Umsturzplanung, andere stellten Kontakte zur Opposition her. Eines hatten sie aber gemeinsam und dies war die Gegnerschaft zum NS- Regime und der Wille etwas zu tun.

Hier werden keine Helden vorgestellt, sondern Menschen mit aufrechtem Gang in unmenschlichen Zeitumständen, so die Autoren. In die Porträts flossen viele bislang unbekannte Dokumente, Briefe und Bilder aus den privaten Archiven der einzelnen Familien mit ein. So auch der monströse Abschiedsbrief des Vaters des Widerstandskämpfers Friedrich Karl Klausing. Dieser Brief ist ein Dokument für den Grad der Verblendung vieler Menschen der damaligen Zeit.

 Richard von Weizäcker spricht über seine Begegnungen mit Beteiligten am militärischen Widerstand im Rahmen eines mit ihm geführten Interviews. Anschließend erfährt man in den Textporträts mehr von Friedrich Karl Klausing, Erich Fellgiebel, Heinrich Graf zu Dohna Tolksdorf, Albrecht Graf von Bernstorff, Margarethe von Oven, Hans-Ulrich von Oertzen, Kurt Freiherr von Plettenberg, Georg Schulze-Büttger, Randoph Freiherr von Breidbach- Bürresheim, und Hans Bernd Gisevius. 

Ewald Heinrich von Kleist gibt zum Schluss ein aufschlussreiches Interview über seine Teilnahme am Widerstand gegen Hitler. Ihm wird u.a. die Frage gestellt, welcher der Mitstreiter ihn am meisten beeindruckt hat. Er nennt einige Personen, unter ihnen Schulenberg, "der die Macht kannte, der sich in Machtfragen auskannte, der die Macht beherrschen konnte, der in Machtkategorien dachte, mit den Beinen auf dem Boden. Aber wiederum war er auch ein glühender Idealist, der mehrfach angeboten hatte, Hitler selbst umzubringen. Aber er kam einfach nicht in dessen Nähe", (Zitat S. 232).

Hat man das Recht einen Despoten zu töten, wenn dadurch Hunderttausende am Leben bleiben? Eine solche Frage zu beantworten ist nicht einfach. Ich selbst bin mir nicht sicher, ob man das Recht hat, aber ich bin mir sicher, dass man die Pflicht hat, alles zu tun, um das Leben Unschuldiger zu retten und auch nicht vor der Tötung eines Tyrannen und der Beihilfe dazu zurückschrecken darf. Den mutigen Widerstandskämpfern in
der NS-Zeit gilt mein ganzer Respekt. 

Empfehlenswert. 

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