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Rezension Peter J. König:Das geheime Frankreich Geschichten aus einem freien Land -Nils Minkmar S. Fischer

Damit wir Deutschen unseren Nachbarn, engsten Partner in der EU und den Sehnsuchtsort so vieler hierzulande besser kennenlernen, bedarf es eines profunden Kenners, der Frankreich und die Franzosen uns näherbringt. Nils Minkmar, in Saarbrücken geboren, Inhaber sowohl der französischen als auch der deutschen Staatsangehörigkeit mit familiären Wurzeln in Frankreich, hat das tief blickende und sehr kurzweilig geschriebene Buch: "Das Geheime Frankreich – Geschichten aus einem freien Land", gemeinsam mit dem S. Fischer Verlag auf den Weg gebracht. 

Der Autor und Journalist, der seit 2001 zunächst Redakteur bei der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und seit 2012 Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung war und seit Mai 2015 für das Magazin Spiegel schreibt, zeigt hier auf, was die Franzosen wirklich ausmacht. Dabei bedient er sich seiner Erfahrungen bei seinen Großeltern in Bordeaux und der zahlreichen Verwandtschaft, der er immer wieder bei seinen Ferienaufenthalten dort begegnet ist. In jungen Jahren zunächst eher befremdlich, war es eine zufällige Begegnung in einem kleinen naturhistorischen Museum in einem Park von Bordeaux, die in ihm als Dreizehnjähriger die Erkenntnis wachsen ließ, wie er dieses Frankreich einzuordnen und zu verstehen hat. Da waren die wohlgeordneten Exponate, die die Evolutiongsgeschichte erzählten, und in einem verborgenen, eigentlich nicht zugänglichen Raum hinter einer Tapetentür eine andere Welt, die Welt der Missbildungen, Fehlkonstruktionen und seltenen Variationen der Natur, die sich eigentlich nicht mit der allgemeinen Ordnung in Einklang bringen ließen. Dieses Erlebnis des Autors hat sein Erscheinungsbild von Frankreich geprägt, einem Frankreich, das sich als "eine lichtdurchflutete, geordnete Welt zeigt, von der eine logische, ja zwingende Geschichte erzählt. 
Aber da existiert noch eine weitere Version, eine Kammer, zu der man Zutritt hat oder nicht". 

Diese Vorstellung führt dazu, dass sowohl in der öffentlichen als auch in der privaten Vorstellung seit Jahrhunderten von einer verborgenen Ordnung, von schwarzen Kabinetten und geheimen Machtstrukturen die Rede ist, so der Autor. Die individuelle Besonderheit und den Zusammenhalt der französischen Familie hat Nils Minkmar dann mit fortschreitendem Alter erfahren und erleben dürfen, und wie unterschiedlich diese Bindungen und Ausformungen doch zu deutschen Familienstrukturen sind. Frankreich und seine kulturelle Entwicklung hat die Menschen nachhaltig geprägt, in ihren Herzen ist das Land noch immer Inbegriff der "Grande Nation", kulturell und politisch überlegen, was zwangsläufig zu einer gewissen Skepsis gegenüber allen anderen Nationen führt. 

Es sind die großen Denker und Philosophen der Vergangenheit, die dieses Bewusstsein untermauern und es sind die heutigen Intellektuellen und Literaten, die ein neues französisches Selbstbewusstsein der zuletzt jahrzehntelangen Depression entgegenzustellen versuchen. Macron, der junge charismatische Präsident ist Anführer des erneuerten Denkens. Er und die bekanntesten Persönlichkeiten der französischen Gesellschaft, wie Bernard-Henri Levi, Michel Houellebecq, Patrik Modiano, die Philosophin Cynthia Fleury und die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo werden hier porträtiert und Nils Minkmar berichtet von den Interviews mit ihnen. 

Daneben kommen natürlich auch seine persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen mit Frankreich, seinen kulturellen Gewohnheiten und nicht zuletzt mit seiner ganz besonderen Lebensart nicht zu kurz. Der Autor schildert wie er immer wieder als Journalist durch das Land reist, immer auf der Suche nach der Tradition, aber auch dem sich ändernden Zeitgeist, sowohl im öffentlichen Frankreich, als auch dem privaten. Paris ist dabei selbstverständlich der Mittelpunkt, so wie der Zentralismus des Landes es vorgibt. 

Aber auch die unterschiedlichsten regionalen Besonderheiten hat der Autor im Visier, zumal er seine französische Identität einst bei seinen Großeltern in Bordeaux erworben hat. Neben aller kulturellen und politischen Aufklärung geht es Nils Minkmar darum, sehr persönliche Eindrücke zu vermitteln. Und da spart er nicht mit ganz speziellen Erfahrungen des täglichen Lebens, wenn er erzählt wo es sich in Paris noch angemessen und preiswert schlafen und essen lässt. 

Ein ganz besonders Kapitel widmet der Autor den Frauen in Frankreich, prägen sie von jeher doch die Familie, während ihr Stand in der öffentlichen französischen Gesellschaft bis auf einige Ausnahmen eher weniger in Erscheinung tritt. Dies war in der Vergangenheit so und hat sich bis heute kaum verändert. Diese Tatsache ändern auch solche Ikonen wie die bekanntesten französischen Schauspielerinnen oder weiblichen Intellektuellen nicht. 

Macron versucht auch hier einen Wandel einzuleiten, immer mehr bestens ausgebildete Frauen bekommen den Zugang zu höchsten Ämtern in Politik und Wirtschaft. All dieses hat der Autor Nils Minkmar in seinem Buch "Das Geheime Frankreich-Geschichten aus einem freien Land" thematisiert und erzählt das Wissenswerte kurzweilig und sehr informativ. So gelingt es ihm, uns die Franzosen näherzubringen und das Interesse an unseren Nachbarn zu wecken und womöglich zu vertiefen. 

In Hinblick auf ein Zusammenwachsen von Europa besonders wertvoll, ist das Buch eine erfreuliche Gelegenheit über das touristische Frankreich hinaus mit der wahren Größe der Franzosen sich anzufreunden. 

Sehr empfehlenswert 

Peter J. König

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Das geheime Frankreich: Geschichten aus einem freien Land

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