"Innovation bedeutet, eine große Idee gegen Widerstände zu entwickeln und mit Leidenschaft durch die Täler der Tränen zu tragen, alle Hybris zu beschämen und alle Menschen 'da draußen' für das Neue einzunehmen." (Gunter Dueck, S.131)
Autor dieses hervorragenden Buches ist der Querdenker Prof. Dr. Gunter Dueck, der bis August 2011 Cheftechnologe bei IBM war und nun als freischaffender Autor, Netzaktivist, Business-Angel und Speaker tätig ist.
Wer im seinem Leben eine neue Idee wirtschaftlich erfolgreich umgesetzt hat, weiß sofort, wovon Dueck schreibt, weiß auch wie viele Hürden zu nehmen sind und wie viel Herzblutenergie dafür notwendig ist. Es ist wahr, Innovationen sind nur dann durchsetzbar, wenn man auf folgende Faktoren zählen kann: "Energie, Herzblut, eine glückliche Hand, ein tolles Gründerteam, verständnisvolle Investoren, Geduld," (Zitat. S.10).--
Ich habe in jungen Jahren einer damals neuen Geschäftsidee im Dienstleistungsbereich zum Durchbruch verholfen und vieles, was Dueck beschreibt, damals kennen gelernt. Daran hat sich, mich wundert es nicht, nichts geändert. Das hängt damit zusammen, weil "ClosMinds" und "Antagonisten" (zu den beiden Begriffen später mehr) nicht aussterben. Das Neue wird selten wirklich mit offenen Armen aufgenommen, sondern muss sich gegen viele Widerstände durchsetzen. Dabei muss man sich immer darüber klar sein, dass das Neue irgendwann das Alte ist und man deshalb niemals aufhören sollte, Neues zu entwickeln, um ihm dann wiederum zu helfen, seinen Weg zu gehen. Duecks Buch ist eine gute Denkhilfe für alle, die wirtschaftlich erfolgreich Neuem den Weg bahnen möchten.
Der Autor untergliedert sein Buch in drei Abschnitte:
Kraftakt für das Neue
Spezielle Innovationshindernisse
Innovation und Gestaltungskraft
Dueck unterstreicht zunächst im ersten Teil seines Buches, dass Ideen generell nur von wetterfesten Unternehmern erfolgreich umgesetzt werden können. Man muss also neben der Idee auch einen sehr guten Geschäftssinn besitzen, um die Idee in bare Münze umsetzen zu können. In diesem Zusammenhang listet der Autor Grundfehler auf, aufgrund derer Innovationsprojekte zum Scheitern verurteilt sind. Zu diesen Fehlern zählt die Angst zu scheitern als sich selbst erfüllende Prognose, eine ungenügende Marktanalyse, aber auch eine schlechte Vermarktung.
Eine Innovation hat nach Dueck erst dann den Durchbruch geschafft, wenn sie zum Normalpreis gekauft werden kann. Es stimmt, wenn etwas neu ist, wird stets nach Referenzen gefragt, die man logischerweise nicht haben kann, also muss man zunächst aufgeschlossene Vorreiter suchen. Das ist die Zeit des u.U. langen materiellen Atems.
Der so genannte "Tipping Point" ist der Punkt, wo die Innovation sich dann durchsetzt auf dem Markt und das "Ausbreitungswunder“ seinen Anfang nimmt. Wie Dueck schreibt, erwartet man heute von professionellen Innovationen, dass deren Wegbereiter auch nach dem Hebel für den Umschlagpunkt suchen. Ist derjenige, der eine neue Geschäftsidee hat, zeitgleich der Unternehmer, wird er natürlich alles dransetzen, um ihn so schnell als möglich zu finden. Anders jedoch zeigt sich die Lage, wenn der Erfinder Mitarbeiter eines Unternehmens ist. Darüber schreibt Dueck sehr lebensnah und macht deutlich, dass solche Erneuerer, -nicht selten Wissenschaftler-, umdenken müssen. Nicht immer gelangt man so schnell zum "Tipping Point" wie beim Smartphone oder bei den Tablets und nicht wenige Neuheiten verschwinden auch recht schnell wieder vom Markt. Damit dieses nicht geschieht, muss eine Idee optimiert werden und zwar immer wieder, um die Kundenakzeptanz zu erreichen und damit aus der Meckerecke (so nennt es Dueck) herauszukommen.
Der Autor hat neben der wirklich professionellen innovativen und merkantilen, immer auch die psychologische Seite einer Geschäftsidee im Auge. Erläutert den positiven und negativen Stress den Erneuerer und deren Feinde in der Sache haben. Er bezieht die Gedanken des Psychoanalytikers Fritz Riemann aus dessen Buch "Grundformen der Angst" in sein Werk mit ein, indem er aufzeigt, wie Menschen mit bestimmten Persönlichkeitsmustern auf Innovationen reagieren. Das beschreibt er im Buch ausführlich und fasst in Kurzform zusammen:
"Angst vor Wandel (Merkmal der zwanghaften Persönlichkeit)
Angst davor, dass alles notwendig so bleibt (Merkmal der hysterischen Persönlichkeit)
Angst vor der Selbstwerdung (Merkmal der depressiven Persönlichkeit)
Angst vor zu viel Nähe (Merkmal der schizoiden Persönlichkeit)"
Um etwas Neues auf den Weg zu bringen, ist es demnach nicht ungünstig, ein hysterisches Persönlichkeitsmuster aufzuweisen.
Über die vielen Grafiken im Buch im Rahmen der Rezension zu schreiben, führt zu weit. Mit großem Interesse habe ich sie studiert und mir Sachverhalte klar gemacht, so etwa im Hinblick auf Resistenzen gegen Wandel und Neues. Dueck zeigt die vier Parteien auf, die zumeist miteinander streiten, wenn eine Idee zur Innovation werden soll. Die Rede ist von Protagonisten, OpenMinds, CloseMinds und Antagonisten. Hier sollte man genau lesen, wie die einzelnen Parteien reagieren und das immer vor Augen haben, sobald man eine Geschäftsidee in die Tat umsetzt.
Man liest über unterschiedliche Hürden, die es zu überwinden gilt und auch über vom Innovator selbst erzeugte Resistenzen. Dieses Kapitel sollten besonders Innovatoren mehrfach studieren, die in größeren Betrieben arbeiten. Nicht uninteressant zu lesen sind auch die Resistenzen im Wissenschaftlercharakter und hier Verhaltensmuster bei Meetings seitens Alpha-, Beta-, Gamma-, Tiere und sogenannten Omegas, wenn es um gruppendynamische Prozesse geht. Omegas unter den Wissenschaftlern möchten radikal Neues, werden aber aus bestimmten Gründen von den anderen nicht wahrgenommen, vgl.:S. 88ff.).
Thematisiert wird das Verhältnis der Forscher zu Marketing und Betrieb und auch hier geht es um psychologische Momente. Lernbereitschaft vom Kunden ist angesagt, d.h. der Forscher sollte sich möglichst viel Kritik seitens der OpenMinds für seine Neuerungen anhören, (S.127).
Der Autor erklärt, weshalb Management zwar Ordnung schafft, aber die Innovation hemmt, verdeutlicht dies mittels eines gemanagten Innovationsprozess und zeigt, auf welche Weise ein Innovator trotzdem seine Idee durchführen kann.
Innovation ist letztlich durch bloßes Bücherlesen über das Thema nicht möglich, sondern erfordert einen extremen Willen zu Neuem. Es geht in erster Linie um Energie. Sie ist der Treibstoff für das Neue. Wie Dueck so schön formuliert: "Innovation ist mehr als ein Plan, ein System, ein Geschäftsmodell oder eine tote Kreatur Frankensteins. Sie muss leben, und dafür ist viel mehr nötig als einfach nur ein guter Ansatz," (vgl.: S.181).
Dueck thematisiert die Psychologie des Innovators und aller anderen Beteiligten und erläutert eine bestimmte These seiner "Omnisophie", wonach jeder Mensch einen Verstand, eine Intuition und einen Instinkt hat, (vgl.: S.184). Allerdings ist die Gewichtung verschieden, mit Auswirkung auf die Berufswahl. Duecks omnisophisches Dreieck hier zu erklären, führt zu weit. Wichtig zu wissen ist bei allem, dass der reine Verstandesmensch Regeln, Methoden, Pläne und Lehrbuchmeinungen benötigt, um zu wissen, was "man" macht, insofern kommt von solchen Menschen selten etwas Innovatives.
Da viele Erstinnovatoren nicht wissen, wie man eine Idee erfolgreich umsetzt, erklärt Dueck dieses im Rahmen des 3. Teils seines Buches, indem er eine Reihe von Fragen stellt, die sich ein Erstinnovator zunächst beantworten sollte.
Beleuchtet wird zudem das Erarbeiten von Chancen. Dabei muss klar werden, dass man die Aufmerksamkeitssperren der normalen Menschen, zumindest der "OpenMinds" durchbricht. Dueck weist auf die Punkte hin, die beachtet werden müssen. Ausgerüstet mit diesen Informationen und dem Wissen, dass man eine Chance nur energetisch ergreifen kann, kann man dann kraftvoll, kreativ, offen, neugierig und positiv gestimmt sein Ideenprojekt in die Tat umsetzen mit dem Wissen im Hinterkopf, dass es ein energiegeladener Sisyphos am Ende doch packt.
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