Obwohl ich mich mein Leben lang mit Politik befasse, ist der Inhalt dieses vorliegenden Buches von Stefanie Waske, da sie anhand von unzähligen Akten und Archiveinblicken sehr detailliert aufzeigt, wie CDU und CSU während der sozial-liberalen Koalition unter Brandt einen eigenen Geheimdienst aufgebaut haben, mir völlig neu. Initiatoren dieser konspirativen Aktivitäten sind so bekannte Namen, wie zu Guttenberg oder von Stauffenberg, Vorfahren von heutigen bekannten Mitgliedern dieser Familien, aber auch Kinder der einstigen Widerstandskämpfer gegen Hitler. Sie alle eint nicht nur die Mitgliedschaft oder zumindest die Nähe zu den konservativen Parteien CDU und CSU, sondern es ist die Ablehnung gegenüber der Brandt’schen Ostpolitik, die sie mit geheimdienstlicher Aufklärung als das entlarven wollten, von dem sie zutiefst überzeugt waren, nämlich der Verkauf der BRD an die Sowjets und eine kommunistische Infiltration und Einflussnahme auch in Westdeutschland.
Die unzähligen Quellen, die die Autorin anführt, zeigen nicht nur die Hysterie, die bei den Akteuren vorhanden war, nicht nur die Verstrickungen bis in die höchsten Kreise der christlichen Parteien, nein sie zeigen deutlich, welches konfrontative Denken zu der damaligen Zeit zwischen den Parteien stattgefunden hat und einiges erinnert an die geheimdienstlichen Methoden das Dritten Reiches oder der Stasi in Ostdeutschland. Dazu trägt nicht nur die permanente Ausspähung der "anderen Seite" bei, es sind insbesondere die dubiosen Personen, die sich als Informanten anbieten, die an Machtgebaren totalitärer Regime erinnern.
Für den in München etablierten Geheimdienst, der ständig auf der Suche nach neuen Informationen und verwertbaren Dossiers aus dem kapitalistischen Dunstkreis, aber auch aus kommunistischen Quellen bemüht war, kamen die Ostverträge mit der Sowjet-Union und den anderen Ostblockstaaten, dem Untergang des Abendlandes gleich, zumal man in den Unionsparteien auch nicht informiert war, welchen Inhalt sie hatten und besonders welche Zugeständnisse dort gemacht werden sollten. Die Zeit des Kalten Krieges hat hier deutliche Spuren hinterlassen, aber am Lauf der Geschichte konnte auch noch so aktives Handeln von Stauffenberg und seiner Truppe nichts ändern.
Nachdem die Konfrontation zwischen Ost und West durch die Ostverträge geringer wurde, verlagerten die selbsternannten Geheimdienstler ihre Investigationen auf die Abwehr östlicher Spitzeldienste und die Beschaffung von Informationen gegen den Terrorismus, speziell gegen die RAF und andere international operierende Terrorbanden. Viel Erfolg war ihnen dabei nicht beschieden, alles blieb mehr dilettantisch an der Oberfläche, weshalb es ihnen auch immer schwieriger fiel, ihre Existenzberechtigung bei den Parteispitzen zu begründen. Damit sie private finanzielle Unterstützung in dem Maße bekamen, dass sie den Betrieb aufrecht erhalten konnten, hat wohl mehr mit den persönlichen Beziehungen der bestens vernetzten Führungspersönlichkeiten zu tun. Mit der Wahl von Helmut Kohl zum Bundeskanzler wurde diese Informationstruppe überflüssig, die Christdemokraten konnten sich wieder der staatlichen Institutionen für Aufklärung bedienen. Dementsprechend wurde die Gruppe durch ihren Leiter von Stauffenberg aufgelöst, nachdem es zuvor noch zu einem Prozess wegen Geheimnisverrat gekommen war, den aber alle Angeklagten glimpflich überstanden.
Mittlerweile hat die Geschichte den Mantel des Vergessens über diese politisch fragwürdigen Geschehnisse ausgebreitet. Nur die Archive vermitteln noch den damaligen Sachverhalt. Allein das Buch von Stefanie Waske, das sehr genau und anschaulich diese Vorgänge, die bestimmt kein Ruhmesblatt für die christlichen Parteien CDU und CSU aufzeigen, gibt dem politisch Interessierten noch dankenswerter Weise die Chance, Zeitgeschichte in der noch jungen Parteiendemokratie zu erfahren.
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