Der Autor Harald Welzer, er ist Professor für Transformationsdesign an der Universität Flensburg und er hat zudem einen Lehrauftrag an der Uni St. Gallen für das Fach Sozialpsychologie, macht sich in seinem neuesten Buch, erschienen bei S. Fischer, Gedanken um eine nachhaltige Zukunft. Dies geschieht in einer Weise, die mit keiner einzigen Zukunftsvision vergleichbar ist, wie sie im herkömmlichen Sinn von den unterschiedlichsten Institutionen unserer Gesellschaft, sei es aus Politik, den Kirchen oder gar der Wirtschaft angedacht und propagiert wird.
Professor Welzer hat all diese Zukunftsmodelle hinter sich gelassen. In seinen Überlegungen sind die herkömmlichen Strategien nicht nur antiquiert, nein sie führen laut Welzer in naher Zukunft zum Ende der menschlichen Gesellschaft, zumindest von der überwiegenden Zahl der Weltbevölkerung. Nach seinen Thesen werden nur etwa eine Milliarde Menschen noch in der Lage sein ernährt zu werden und dies wird jeweils die vermögende Schicht der einzelnen Staaten sein, wenn diese zu den industriell fortgeschrittenen gehören. Für die restlichen Milliarden von Menschen wird es kein Überleben mehr geben, so der Autor.
Grund allen Übels ist die Resourcenverschwendung im Zeitalter der Globalisierung, die verbunden ist mit dem wirtschaftlichen Erblühen bevölkerungsreicher Staaten, wie Russland, China, Indien oder Brasilien. Sie alle orientieren sich an dem Muster der industriellen Revolution, ausgehend von Europa vor mehr als zweihundert Jahren. Dabei war oberste Maxime das stetige Wachstum, die Produktion wurde mit immer neuen Technologien permanent beschleunigt.
Voraussetzung in jeder Produktion sind aber Rohstoffe, ohne die keinerlei Herstellung möglich ist. Neben der Ausdehnung der kaufkräftigen Schichten weltweit, ist es die Ideologie des fortwährenden Konsumierens, die im Kapitalismus und Neo-Liberalismus das Denken und Handeln der Menschen bestimmt. Natürliche oder ideologische Grenzen des Turbo-Konsums gibt es keine, das Mehr bestimmt den Handlungswillen. Das ist aber ganz im Sinne der globalen Industrien, sei es im Finanzgewerbe oder in der Güterindustrie. Gesteigerte Produktion verspricht gesteigerten Gewinn.
Dieses geht unweigerlich zu Lasten der nächsten Generationen, ein weiter so ist nicht mehr möglich, da selbst mit den nachhaltigsten Methoden und unter Einsatz fragwürdigster Mittel, z. B. chemischer Düngung oder gentechnischer Veränderung, Produktionssteigerung nur noch durch die Zerstörung natürlicher Ressourcen stattfinden kann.
Hier setzt das Buch von Harald Welzer an, wenn er gemäß des Titels die Leser auffordert: "Selbst Denken". Er animiert die Menschen sich ihre Lage bewusst zu machen, aus der Lethargie des unreflektierten Konsumierens aufzuwachen. Er nennt nicht nur eine Fülle von Vernunftsgründen, warum dies geschehen muss, er zeigt auch auf, dass die Menschen wieder ein selbstbestimmtes Miteinander erleben dürfen. Dazu gehört ein neues Gemeinschaftsgefühl, ausgelöst durch gegenseitige Hilfsbereitschaft und die Nutzung von Gemeinschaftsgütern, wie sie schon immer bei dem Genossenschaftsgedanke üblich war und auf moderne Nutzungsprinzipien heutzutage immer mehr ausgedehnt werden, man denke nur an „Carsharing“. Hier sieht Professor Welzer den Ansatz, das Zeitalter des Konsumismus zu überwinden, um die Menschen aus dieser Abhängigkeit zu befreien, damit selbstdenkende Eigenverantwortung neu entsteht.
Neue Freiheiten führen zu dem Zustand eigenbestimmten Glücks und zu dem Bewusstsein, die Erde weiterhin für alle Menschen bewohnbar zu machen, weg von der Tatsache, dass momentan eine Minderheit auf Kosten der Mehrheit für eine bestimmte Zeit ihr Überleben sichert. Dass es mittlerweile zu dem von Welzer geforderten Umdenken kommt, zeigt er an Hand von unterschiedlichen Beispielen, wo zukunftsorientierte Menschen sich gegen den grassierenden Zeitgeist des Kosumierens stellen und durch Eigeninitiative, also „ Selbst Denken“, dazu beitragen, aus der Sackgasse dieser Entwicklung zu entkommen.
Weniger und anders ist mehr, so das Credo des Autors, der jeden einzelnen Leser in seinem Buch auffordert, einmal selbst über seine Lage nachzudenken, in der wir uns alle befinden. Wenn aus der daraus resultierenden Nachdenklichkeit vielleicht ein Umdenken, vielleicht sogar ein verändertes Handeln entsteht, ist dies ein Stück eines Veränderungsprozesses für die Allgemeinheit, aber bestimmt auch ein Mehr an persönlichem Glück.
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