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Rezension: Gefährliche Bürger- Die neue Rechte greift nach der Mitte- Liane Bednarz- Christoph Giesa- Hanser

Die Autoren dieses Buches sind die Juristin und Publizistin Liane Bednarz und der Publizist und Strategieberater Christoph Giesa. Sie befassen sich mit einer Thematik, die uns vermutlich allen in nächster Zeit noch viel Kopfzerbrechen bereiten wird. Dabei machen sie bereits im Klappentext deutlich, was ihr Hauptanliegen ist:

"Rechte Umtriebe in der Kirche und Medien. Gewalt gegen Minderheiten. Offener Hass gegen Politiker und Journalisten in Leserbriefen. Die Entwicklungen erinnern immer mehr an die 1920er, als rechte Intellektuelle die Weimarer Demokratie attackierten. Menschenfeindliche Agitation ist längst wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Wir dürfen dem empörenden Treiben nicht länger zusehen, sondern müssen ihm entgegentreten!“

Wie wahr!

Das aufklärerische Werk ist in drei große Teile untergliedert. Bereits in der Einleitung lässt das Autorenteam die Leser wissen, was ihnen auf den Nägeln brennt. Es ist nicht zuletzt die Frage: "Ist das, was lange ganz rechts außen gärte, in der Mitte der Gesellschaft angekommen, salonfähig geworden?"

Wer sich im Internet mit wachen Augen durch die sozialen Netzwerke bewegt, wird gewiss schon auf rechtslastige Texte gestoßen sein und sich gewundert haben, dass diese zum Teil von bis dato eher unverdächtigen Menschen aus der Mitte der Gesellschaft verfasst worden sind. Neuerdings muss man sich seine Follower oder FB-Freunde wohl genauer ansehen, wenn man nicht Gefahr laufen möchte, mit rechtslastigen Personen in Verbindung gebracht zu werden. Ich spreche aus eigener Erfahrung und war schon einige Male verblüfft über das Gedankengut, das oberflächliche Internetbekanntschaften plötzlich in öffentlichen Beiträgen offenbarten und mich zum sofortigen Abbruch des Kontakts veranlasst haben.

Wie die Autoren schreiben, sei die AfD nur das sichtbarste Symptom einer nach rechts driftenden, sich radikalisierenden Mitte, die dies noch nicht einmal bemerke. Die beiden Verfasser nennen viele Autoren und Journalisten beim Namen, die sich in jüngster Zeit wenig liberal in ihren Texten geäußert haben.

Aufgeklärt wird man über das Phänomen des Hasses, der der Attitüde der neuen Rechten innewohnt. Offensichtlich ist der anonyme Hass mittlerweile dem offenen Hass gewichen. Angeheizt von bürgerlich wirkenden Ideologen erlebt man nun hierzulande islamphobe Proteste, antisemitische Ausbrüche, Angriffe auf Ausländer und anderes mehr. Feststellbar ist ein Zynismus gegenüber Minderheiten und ein Hass gegen alles, was unsere Gesellschaft lebenswert gestaltet.

Man erfährt mehr über das neurechte Weltbild, über die Ausgrenzung von Fremdem. Diese Menschenfeindlichkeit, die sich einst beispielsweise gegen die Polen richtete, richtet sich heute gegen Muslime, weil die Rechte eine Islamisierung des Abendlandes befürchtet. Indem sich diese neue Rechte im Rahmen ihrer Kommunikation immer noch am Rande des Legalen aufhält, sei sie besonders gefährlich. Das sehe ich auch so.

Man liest über Szenenpublikationen von Pegida und AfD und dubiosen Gruppierungen im Internet, die mehr als nur erschreckend sind und muss sich fragen, ob hier die Meinungsfreiheit im Netz nicht schon lange an ihre Grenzen angelangt ist. 

Ich teile die Ansicht der Autoren im Hinblick auf den zynischen Umgang mit dem Begriff "Gutmensch", der von Rechtslastigen immer öfter diskriminierend benutzt wird. "Mit der Abwertung all jener, die versuchen, diese Welt erträglich und im Sinne eines Miteinanders zu gestalten, versuchen sie gleichzeitig all diejenigen aufzuwerten, die sich nicht daran beteiligen willen. Sich und ihr Milieu wollen sie reinwaschen und die diesem inhärente Rücksichtslosigkeit mit einer weißen Weste umkleiden.“ (S.81) 

Ganz offensichtlich gewinnen Vorurteile, Pauschalisierungen und Verschwörungstheorien wieder Raum in der Mitte der Gesellschaft. Hier findet eine politische Gehirnwäsche statt, "mittels deren Szene-Protagonisten ständig neue Jünger“ herangezüchtet werden. Man liest von Hetzseiten im Internet, die nicht immer sofort als solche erkennbar sind. Formuliert wird dort: Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Islamhass, Verschwörungstheorien und antidemokratische Propaganda. Je radikaler sie sind, umso wahrscheinlicher ist es, dass das Impressum fehlt. 

Aufgeklärt wird man über die so genannte "Reichsbürger-Ideologie" und sensibilisiert wird man dafür, dass man sich die User von Beiträgen, die man im Netz teilt, genauer anschauen muss. Oft nämlich entpuppen sich diese als extrem rechtslastig. Wesensmerkmale der rechten Szene sind: zornige Kritikunfähigkeit und Hybris. 

Die beiden Autoren liefern immer wieder Quellen für ihre Analysen, aber man ist dann doch etwas aufgeschreckt, wenn sie sich wenig freundlich zu renommierten Autoren und Journalisten äußern, die man bislang nicht der rechtslastigen neuen Mitte zugeordnet hat. Ob man da nicht besser erst einmal die in den Fokus geratenen Personen interviewt hätte?  Deren Namen an dieser Stelle zu nennen, scheue ich mich, solange sie nicht selbst Stellung bezogen haben. Dies geschieht keineswegs aufgrund von Autoritätsgläubigkeit...

Teil 3 dokumentiert, dass es sich um ein konstruktives Buch handelt, das ich allen zu lesen empfehle. Dabei teile ich die Meinung: "Solange wir den Hass nicht wirksam eingedämmt, den Umgang mit ihm nicht erfolgreich eingeübt und ihn dorthin gedrängt haben, wo er keinen Schaden anrichtet, bleibt er allerdings eine der größten Stärken der Radikalen. Und das gilt weit über die neuen Rechten hinaus."

Das Buch hat mich sehr traurig gemacht, weil es mir zeigt, dass mangelnde Aufklärung in den letzten Jahrzehnten zu fatalen Ergebnissen geführt hat. Was bleibt zu tun? Nachschulen. Was sonst. Dies ist nun Aufgabe der Medien.

Helga König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Hanser-Verlag und können das Buch dort direkt bestellen. Sie können es aber auch bei Ihrem Buchhändler um die Ecke ordern.http://www.hanser-literaturverlage.de/buch/gefaehrliche-buerger/978-3-446-44461-4/

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