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Rezension: Hier stehe ich, ich kann nicht anders- #Helge_Hesse- #Piper

Autor dieses spannend zu lesenden Buches, das seit wenigen Tagen in einer erweiterten Neuauflage vorliegt, ist der freie Autor und Publizist Helge Hesse.

Das Werk klärt in 85 Texten über historische Hintergründe von 85 berühmten Zitaten auf. Diese werden namhaften Persönlichkeiten aus der Vergangenheit und aus der Gegenwart zugeordnet. 

Erzählt werden 85 Episoden aus der Weltgeschichte. Dabei ist jeder Text in sich abgeschlossen, sodass man das Buch nicht zwingend chronologisch lesen muss. 

Bemerkenswert ist die Vorgehensweise, historische Sachverhalte - erfreulich unterhaltsam-  Lesern nahe zu bringen. 

Fast alle Zitate sind seit Generationen in aller Munde,- selbst in bildungsfernen Schichten-, doch nicht jeder weiß,  in welchem Zusammenhang der Ausspruch erstmals getätigt wurde oder wie das Zitat zu Stande kam. 

Auch ich konnte diverse Sentenzen nicht konkret in einen historischen Zusammenhang bringen, obschon Geschichte neben Latein zu meinen Lieblingsfächern in der Schule zählte. Zu diesen Zitaten gehört der Ausspruch  "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst." Den Name Eike von Repgow (um 1180- 1233) nahm ich erstmals bewusst in einer Vorlesung für Rechtsgeschichte wahr. Er ist der Verfasser des "Sachsenspiegels", einer Gesetzessammlung, die sich mit den wichtigsten Rechtsbeziehungen der damaligen Zeit befasst. Wie Hesse nicht unerwähnt lässt, wird vor allem durch die Ausführungen dort zum Landrecht eine kleine Gesellschafts-und Sittengeschichte jener Tage dokumentiert. Hier auch findet man dann den Satz, der im Volksmund zur Redewendung "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" führte. Im Buch 2, Artikel 59 des Sachsenspiegels heißt es "Wer zuerst zur Mühle kommt, der soll zuerst mahlen." Dieser Prioritätsgrundsatz wirkt als Maxime noch heute in der deutschen Rechtsprechung. 

Diverse Aussprüche, die im Buch näher beleuchtet werden, kennt man natürlich aus dem Lateinunterricht, so etwa "Irren ist menschlich", "Nutze den Tag" oder "Störe meine Kreise nicht". Wer einen guten Lateinlehrer hatte, wird mehr über die Hintergründe erfahren haben, die zu den Zitaten führten, andere können sie jetzt  bei Helge Hesse nachlesen. 

"Quod erat demonstrandum“ ist eine Sentenz, die man aus dem Mathematikunterricht  kennt. Die Geschichte dazu, ist vermutlich nur wenigen Mathelehrer bekannt, denn ansonsten würden sie diese ihren Schülern mitteilen, allein schon um Neugierde für den Lehrgegenstand zu wecken.

Mehr über den Satz "Nach mir die Sintflut" und "Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen" zu erfahren, ist auch nicht uninteressant, denn die beiden Sätze haben sich ins kollektive historische Bewusstsein als Musterbeispiele für den Zynismus des Adels der vorrevolutionären Zeit in Frankreich eingeprägt und dienten  als Legitimation für den schonungslosen Gebrauch der Guillotine.

Jeder einzelne Beitrag in diesem Buch hilft uns, die Geschichte und uns Menschen zu verstehen, speziell auch die "Banalität des Bösen", derer wir uns stets bewusst sein sollten. Doch die Texte helfen auch, unser Hier und Heute so zu verändern, dass wir nicht besorgt in die Zukunft schauen müssen, weil dort eine Superintelligenz uns droht,  uns als Fossil einer untergegangenen Epoche auszumustern.

Sehr empfehlenswert 

Helga König

Überall im Fachhandel erhältlich

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