Das Buch enthält Interviews mit folgenden Personen: der Schriftstellerin Else Buchheuer, des Schauspielers Mathieu Carrière, des Ex -Außenministers Joschka Fischer, des Moderators Michel Friedmann, des Models Luca Gadjus, des Unternehmers Wolfgang Grupp, des Politikers Gregor Gysi, der Box-Weltmeisterin Regina Halmich, des Künstlers André Heller, des Publizisten Hans-Olaf-Henkel, des EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber, der Künstlerin Oda Jaune, des Steuerexperten Paul Kirchhof , des PR- Beraters Klaus Kocks, des Spiegel-Autors Jürgen Leinemann, des Fernsehkochs Tim Mälzer, der Politikerin Andrea Nahles, der Fussball-Legende Günther Netzer, der Geschäftsfrau Verona Pooth, der Schauspielerin Anouschka Renzi, der Politikerin Claudia Roth, des Gesellschaftreporters Paul Sahner, des Publizisten Frank Schirrmacher, des Philosophen Peter Sloterdijk, des DGB- Vorsitzenden Michael Sommer, des Satirikers Martin Sonneborn, des Sport-Idols Franziska van Almsick, der Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, des Publizisten Alexander von Schönburg und der Publiszisten Roger Willemsen.
Worum geht es?
Thema des Buches, so erfährt man in der Einleitung, ist die Reflexion der eigenen herausgehobenen Rolle im Spiegelkabinett moderner Medien. Die Interviewten erteilen Auskunft über sich und ihre Images, über die Gepflogenheiten der Inszenierungsgesellschaft , über das Geschäft mit der Prominenz und seinen Preis. Die Herausgeber fassen zusammen, dass das Ergebnis der Gespräche subjektive Medientheorien sind, die auf Erfahrungswissen basieren. Dabei sind sich alle Befragten darin einig, dass die Medien als Wirklichkeitmaschinen funktionieren , mithin die Wahrnehmung der Welt prägen, sogar eine eigene Welt mit ihren Gesetzen und Gebräuchen, ihre Figuren und Mythen schaffen, vgl.. S. 13. Ebenfalls gemeinsam ist allen , die man interviewt hat, die Überzeugung, dass die Medien mächtig, sogar übermächtig sind, dass die Macht schaden aber auch nützen kann, man aber das Spiel mitspielt, dessen Regeln man zwar kennt, dessen Verlauf man allerdings im Detail nicht vorhersagen kann.
Das Fernsehen im Besonderen wird als "gnadenloses Entlarvungsmedium" eingeschätzt. Überraschungen, Brüche, Extreme, inhaltliche Debatten werden in persönliche Auseinandersetzungen und reine Machtkämpfe verwandelt. Dadurch wird der Eindruck erzeugt, dass ein Streit in einer Demokratie an sich etwas Skandalöses sei. Der Philosoph Peter Sloterdijk spricht nicht zu Unrecht von einer "Erregungsgemeinschaft".
26 junge Journalistikstudierende haben dieses Buch gemeinsam mit Professor Pörksen und dem Redakteur Jens Bergmann auf den Weg gebracht und die oben genannten Personen der Mediengesellschaft interviewt.
Über die Studierenden erhält man im Autorenverzeichnis jeweils Kurzinfos und einen visuellen Eindruck.
Zu allen Befragten liegen Kurzbiografien und Fotoporträts vor.
Es ist unmöglich an dieser Stelle die einzelnen Interviews zu hinterfragen und detailliert aufzuzeigen, weshalb sich Mathieu Carriére als Guerillakämpfer auf dem Boulevard sieht, wieso Joschka Fischer glaubt als Politiker den "Regentanz" beherrschen zu müssen und ob sich Wolfgang Grupp nicht irrt, wenn er meint, dass eine Person , die ehrlich ist, die Medien nicht zu fürchten brauche.
Von allen Interviews fand ich das Interview des von mir sehr geschätzten Jürgen Leinemanns am ergiebigsten. Er sagt an einer Stelle: " Inszenierungen und symbolische Rituale können für Zuschauer auch hilfreich sein, weil sie die komplexen Zusammenhänge in Bildern verdichten." Aufgabe des Journalisten ist nach seiner Ansicht die Inszenierungen zu erklären. Diese nämlich seien nicht selten Zuspitzungen und Personalisierungen. Leinemann hält sie grundsätzlich für legitime Mittel, um eine ebenso bedeutsame wie komplizierte Entwicklung zu vereinfachen und zu erklären. Der Journalist unterstreicht, dass es dann gefährlich wird, wenn die Vereinfachung zum Selbstzweck entartet.
Der Philosoph Sloterdijk ist überzeugt, dass jeder echte Star jede Umwelt in ein Publikum verwandelt. Sich selbst hält er für einen Stern von der kleineren Sorte. Ich fand den intelligenten Dialog zwischen Sugárga Sielaff und Sloterdijk amüsant, verdichtet in der Frage Sielaffs: "Ihr Sprachstil ist durch überbordenden Methapherreichtum geprägt. Sollten sich philosphische Gedanken nicht eigentlich durch größtmögliche Klarheit auszeichnen? Frei nach Wittgenstein: Alles , was sich sagen lässt, lässt sich klar sagen?" und in der Antwort Sloterdijks:" Ich halte meinen Stil für sehr klar, wenn er auch hin und wieder bebildert ist. Aber Bilder sind auch Klarheiten, nur in einem anderen Aggregatszustand. Außerdem gibt es kein Klarheitsmonopol und daraum beteilige ich mich nicht an dieser Debatte."
Sehr schön aus der Affäre gezogen.:-)) Sloterdijk ist eindeutig ein Stern der größeren Sorte, wenn es um die Inszenierung seiner Medienwirksamkeit als Philosoph geht. Er ist gelassen genug, sich die Erregungsgemeinschaft vom Hals zu halten und sich ihr nicht anzudienen. Das unterscheidet ihn eindeutig von den Sternen kleiner Größe.
Ein lesenswertes Buch.
Auf meinem Rezensionsblog habe ich mir erlaubt, die Kurzbiographie Peter Sloterdijks aus dem Buch zu zitieren, um zu veranschaulichen, wie komprimiert man Lebensdaten einer Person darstellen kann.
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