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Rezension: Das Amt und die Vergangenheit

Dieses Buch, das auf Betreiben des damaligen Außenministers Joschka Fischer durch die vier Autoren Eckart Conze, Norbert Frei, Peter Hayes, Moshe Zimmermann in mehrjähriger, wissenschaftlicher Arbeit entstanden ist, räumt endlich mit dem Mythos auf, dass das "Auswärtige Amt" und dessen Diplomaten in der Zeit der Hitler-Diktatur mit den verbrecherischen Machenschaften der Nationalsozialisten und ihrer Organisationen SS und SA nichts zu tun gehabt hätten. Diese Geschichtsklitterung wurde von dem "Diplomatischen Korps" in der neugegründeten Bundesrepublik intensiv propagiert, aufgrund der Tatsache, das die neuen Diplomaten eigentlich die alten waren. Dies bedeutet, dass das "Diplomatische Korps" der Bundesrepublik Deutschland überwiegend aus Beamten bestand, die auch schon zu Zeiten des Dritten Reiches Funktionsträger im "Auswärtigen Amt" waren.

Die Nazi-Diplomaten gingen nach dem Kriege noch einen Schritt weiter, denn sie versuchten das Bild des "sauberen Beamten" darzustellen, der nichts mit Judenverfolgungen und Deportationen zu tun hatte, der vom Holocaust nie etwas Konkretes gehört hatte und der allein mit den außenpolitischen Aufgaben betraut war, um Deutschland zu repräsentieren, weit entfernt von der Ideologie der verbrecherischen Nazischergen.

Dieser Mär setzt das Buch auf 880 Seiten endgültig ein Ende. Wissenschaftlich exakt wird anhand von einer Vielzahl von Dokumenten (Protokolle, Weisungen und Erlasse) nachgewiesen, dass das "Auswärtige Amt" ab 1933 Zielscheibe der nationalsozialistischen Einverleibungstaktik war.

Diplomaten jüdischer Herkunft wurden kurzerhand entlassen, allen anderen empfahl man der SS oder der SA beizutreten, wenn diese nicht schon freiwillig aus Karrieresüchten entsprechende Anträge gestellt hatten. So sollte die Nähe zum nationalsozialistischen Gedankengut dokumentiert werden.

Der Wahrheit halber zeigt das Buch auch auf, dass es nur einige wenige Diplomaten waren, die freiwillig den Dienst aus politischer Überzeugung oder ethischen Gründen quittierten, das Gros der Beamten jedoch sich bereit erklärte, alle Verbrechen der Nazis mit durchzuführen. Dieses bedeutet: sie beteiligten sich aktiv in allen besetzten Gebieten bei Deportationen verfolgter Menschen. Sie wurden freiwillig zu Handlangern der NS-Rassenpolitik.

Mit das Interessanteste an diesem aufklärerischen Werk ist nicht alleine die sehr umfangreiche Darstellung der Handlungsmuster der meisten Diplomaten, die oft namentlich genannt werden, im Hinblick auf ihre aktiven Beteiligungen als auch die Darstellung ihrer jeweiligen Schicksale nach dem Kriege, sondern was mich zutiefst berührt hat, ist die Tatsache, dass in sehr anschaulicher Form dem Leser erkenntlich gemacht wird, welche menschenverachtende Ideologie in den Köpfen dieser selbsternannten Herrenmenschen zementiert war. Nicht nur, dass Millionen von unschuldigen Menschen auf grausamste Art und Weise ihr Leben verloren haben wird zweifelsfrei dokumentiert, sondern die Niedertracht dieses geisteskranken Denkens sollte auch die Würde all dieser Menschen vernichten und selbstverständlich war auch das Eigentum eine willkommene Beigabe auf diesem zynischen Vernichtungsfeldzug.

Was geschah mit diesen "diplomatischen Herrschaften" nach dem Kriege? Auch darauf gibt dieses Buch eine dezidierte Antwort, denn es galt ja nach 1945 durch die Entnazifizierungsaktionen zu schlüpfen, um schnellstmöglich wieder eine exponierte Stellung in der deutschen Gesellschaft einzunehmen. Das Buch beschreibt genau wie sich die Diplomaten jeweils gegenseitig "Persilscheine" ausstellten, um so nachzuweisen, dass jeder von ihnen mehr oder weniger ein Widerstandskämpfer war und dass sie selbstverständlich die Eignung besaßen, erneut die diplomatische Laufbahn einzunehmen. Dieses erklärt auch weshalb so viele der Alten auch die Neuen waren. Dieses erklärt ferner, weshalb jahrzehntelang das Märchen vom "sauberen Amt" Bestand haben konnte.

Mit dem vorliegenden Buch ist nun endlich die Wahrheit auf dem Tisch. Viele Jahrzehnte jedoch zu spät, aber nicht spät genug, um die Geschichte aufzuarbeiten. Endlich verstummen die geschichtsfälschenden Lobeshymnen auf verstorbene Diplomaten im amtseigenen Presseorgan und endlich kann mit der wirklichen Aufarbeitung der Geschichte des "Auswärtigen Amtes" während des Dritten Reiches begonnen werden.

Freilich zeigt das Buch auch auf, dass der Geist der jungen Diplomatie der Bundesrepublik Deutschland ein anderer geworden ist. So zeigt es, dass der Geschichtsunterricht den junge Männer und Frauen, die nach dem Krieg geboren wurden und die sich für den diplomatischen Dienst entschieden haben, die eigentliche Aufklärung gebracht hat.

Zusammenfassend sei gesagt, dass dieses Buch einen notwendigen Beitrag dazu leistet, mit einer Geschichtsfälschung aufzuräumen.

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