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Rezension: Gallia Lugdunensis

Autor dieses Buches ist Professor Alain Ferdiére, einer der berühmtsten Altertumswissenschaftler Frankreichs. Er thematisiert hier die römische Provinz Gallia Lugdunensis, die im Herzen Frankreichs gelegen ist. Zwischen Nordseeküste, Atlantik und Rhone gab es in römischer Zeit eine Kulturlandschaft mit dem Zentrum Lugdunum (dem heutigen Lyon). In dem vorliegenden reich bebilderten Buch wird man zunächst über die Entstehung dieser Provinz aufgeklärt. Besonders interessant finde ich hier die Abhandlung über die einheimische Kultur und die Romanisierung.

Diese Romanisierung soll in mehreren Wellen verlaufen sein, von denen die wichtigste die Urbanisierung darstellte. Das markanteste Charakteristikum jener Zeit stellt die Schaffung städtischer Infrastruktur dar. In Städten wie Lyon ist eine Urbanisierung schon im 1. Jahrhundert v. Chr. festzustellen. Die Akkulturation kann man am besten an Gebäuden ablesen, die typisch für die römische Kultur sind. Der Autor nennt Thermen und Aquädukte, aber auch Theater und Amphitheater, (vgl.: S. 24). Auf dem Gebiet der Technik und des Handwerks manifestierte sich die Romanisierung in der Praxis, speziell in der Rationalisierung und Systematisierung der Arbeitsabläufe für den optimalen Betrieb und maximalen Profit, (vgl.: S.26).

Man liest von den ersten Metzgereien und Bäckereien als spezifisch städtisches Phänomen, aber auch von der Verbreitung der Literalität in den oberen Gesellschaftsschichten, die mit der Übernahme der lateinischen Sprache einherging. Die soziale Hierarchie soll innerhalb der gallo-römischen Gesellschaft sehr komplex gewesen sein. Die städtischen Eliten besaßen nicht selten römische Bürgerrechte, (vgl.: S.31). Die Geldgeschenke, die sie machten, um öffentliche Ämter bekleiden zu dürfen, wurden nicht als Bestechung, sondern als Ausdruck der Großzügigkeit gegenüber der Gemeinschaft empfunden. Auch die Etablierung des Arztberufes ist ein Zeugnis der Akkulturation, (vgl.: S. 32).

Ausführlich wird man über die Urbanisierung in Kenntnis gesetzt. Das wichtigste urbane Kennzeichen der neugegründeten Städte war immer das Zentrum, das gleichzeitig für die Stadt und das Territorium der "civitas" zuständig war. Woraus es im einzelnen bestand, wird ausführlich dargestellt. Interessant sind in diesem Zusammenhang Querschnittsrekonstruktionen von Gebäuden, die der Unterhaltung der Bürger dienten.

Die Gründung von Lyon wird thematsiert und in diesem Zusammenhang über Handel und Handwerk dort in jener Zeit, über Religion, über das Bundesheiligtum, die Großbauten, das Theater, das Odeon, den Circus, das Forum, die Thermen, die Aquädukte, die Nekropolen und anders mehr aufgeklärt. Über Caesarodorum (Tours) einer Stadt im Westen der Lugdunensis, aber auch über sekundäre Orte erfährt man Näheres und über zwei bemerkenswerte Siedlungen, nämlich Cenabum (Orléans) und Cabillonum (Chalon-sur-Saone). Es führt zu weit hier alle im Buch genannten Siedlungen aufzuführen. Interessant finde ich die Beschreibung der Wohnbereiche der Grundherren auf dem Lande und die Thematisierung der Erwirtschaftung von Vermögen in nicht urbanen Gebieten, d.h. die Produktion und Organisation von Landwirtschaft.

Zur Sprache kommen das Münzsystem und auch das Abgaben und Steuersystem, der Handel, das Handwerk und die Geschäfte in jener Zeit, wie auch das Kunsthandwerk. Aufgeklärt wird man fernerhin über die Kulte und Heiligtümer. Offenbar waren sowohl Gottheiten mit römischen Namen als auch solche mit eindeutig lokalem oder gemischtem Namen von Bedeutung. Die Integration führte durch die sogenannte "Interpretatio Romana" zu einer Neuordnung und Neuinterpretation der bestehenden religiösen Vorstellungen, (vgl.: S.194). In Lugdunum fand ein Madronenkult in Privathaushalten statt und im häuslichen Pantheon existierte nicht selten eine Venus, deren Kult mit familiärer Eintracht verbunden war, (vgl.: S.11).

Über Tempel und Gräber wird man gut informiert, bevor man sich mit der spätantiken Situation der beschriebenen römischen Provinz ausführlich befassen kann. Einen sehr bedeutenden Einschnitt für die Lugdunensis stellt die "Konstantinische Wende" des Jahres 312 n. Chr. dar, welche zur Duldung und Priviligierung der christlichen Religion im Römischen Reich führte, (vgl.: S.155).

Für kulturinteressierte Frankreichliebhaber ein sehr aufschlussreiches Buch, das ich gerne empfehle.

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