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Rezension: Empört Euch! Stéphane Hessel

Am kommenden Montag werde ich in Frankfurt eine Veranstaltung besuchen, die die Rechte der Menschen zum Thema hat. Stéphane Hessel, der Autor des vor mir liegenden Büchleins war Mitglied der Kommission, die eine allgemeine Erklärung der Menschenrechte ausarbeitete, die am 10.Dezember 1948 von den Vereinten Nationen in Palais de Chaillot in Paris verabschiedet wurde. Hessel war einer der Mitunterzeichner der Charta der Menschenrechte.
Geboren wurde Stephan Hessel in Berlin im Jahre 1917. 7 Jahre später zogen seine Eltern mit ihm nach Paris. Französischer Staatsbürger ist er seit 1939. Im Nachwort seiner französischen Verlegerin erfährt man Näheres zu seinem widerständigen Leben, erfährt aber auch, dass er schon in jungen Jahren mit der Pariser Avantgarde in Berührung kam, liest an anderer Stelle im Buch, dass er sich intensiv mit Sartre und Hegel auseinander setzte und mit viel Herzblut in der Résistance engagiert war. Hessel wurde von den Nazis gefoltert, nachdem sie ihn in Paris verhaftet hatten.
Wenige Tage vor der Befreiung von Paris, am 8.8.1944 wurde er in das deutsche Konzentrationslager Buchenwald verbracht. Er floh schließlich mehrmals und konnte sich bis zu den alliierten Truppen durchschlagen, (vgl.: 28).
Engagiert war Hessel in all den Jahren nach 1945, nicht zuletzt war er Vertreter Frankreichs bei den Vereinigten Nationen in New York. Mit seinem von Michael Kohon ins Deutsche übersetzen Text redet der 93 jährige uns allen (nicht nur den Franzosen) ins Gewissen, uns gegen Unrecht zu empören und zwar, weil Empörung die Voraussetzung für Widerstand ist. Das Grundmotiv der Résistance sei Empörung gewesen. Nicht nur damals gab es Grund sich über die untragbaren Zustände zu empören, auch heute ist Empörung angesagt. Hessel meint: "Die Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft, die Intellektuellen, die ganze Gesellschaft dürfen sich nicht klein machen lassen von der internationalen Diktatur der Finanzmärkte, die es so weit gebracht hat, Frieden und Demokratie zu gefährden", (Zitat: S.10).
Hessel weiß, dass man sich in seinem Tun nie von der Angst leiten lassen darf, sondern alles unternehmen muss, um sich engagiert einzubringen, damit, wie in Hegels philosophischen Vorstellungen dargelegt, die Freiheit des Menschen stufenweise voranschreitet, eine Freiheit, die dort endet, wo die Freiheit des anderen beginnt.

Hessel stellt Hegels Vorstellung der Freiheit in knappen Sätzen den Vorstellungen von Freiheit von Walter Benjamin gegenüber. Ähnlich wie Hessel stehe auch ich Hegel näher. Ich bin mir auch sicher, dass in nicht allzu ferner Zukunft der Mensch seine vollständige Freiheit erlangen wird, nicht zuletzt, weil durch die Internetvernetzung es für Diktatoren immer schwerer wird, die Menschen in Unfreiheit zu halten. Jüngste politische Entwicklungen machen dies deutlich.

Mit Hessel bin ich der Meinung, dass man sich über unfaire Strukturen immer wieder empören muss, um Widerstand diesbezüglich herbeizuführen. Mit ihm teile ich auch die Ansicht, dass die Zukunft der Gewaltlosigkeit und der Versöhnung der Kulturen gilt. Es stimmt: "Wir müssen begreifen, dass Gewalt von Hoffnung nichts wissen will. Die Hoffnung ist ihr vorzuziehen - die Hoffnung auf Gewaltlosigkeit."(Zitat: S.19).

Es ist gut, wenn Hessel uns allen ins Gewissen redet (er ließ ja bewusst den Text vom Französischen ins Deutsche übersetzen) und anmahnt, dass es höchste Zeit sei, dass Ethik, Gerechtigkeit und nachhaltiges Gleichgewicht unser Anliegen werden, (vgl.:S.20) und es ist auch gut, dass Hessel der Jugend andere Perspektiven bieten möchte, als bloßen Massenkonsum. Wir alle stehen in Verantwortung für die Menschenrechte ernsthaft einzutreten. Das dürfte dem letzten einsichtig werden, wenn er sich bewusst macht, was es eigentlich bedeutet, solche universellen Rechte festgeschrieben zu wissen und was es bedeutet diese Rechte auch einklagen zu können.

Ein aufrüttelnder, wichtiger Text.



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