Antonia Meiners hat mit diesem Buch den sogenannten Trümmerfrauen ein würdiges Denkmal gesetzt.
Untergliedert ist das Buch in fünf Kapitel und enthält nicht zuletzt viele Zeitzeuginnen-Berichte. Diese Kapitel tragen die Titel:
Das Land versinkt im Chaos
Kampf ums tägliche Brot
Überleben in Ruinen
Hoffnung auf den Neubeginn
Neue Rollen, alte Muster
Ich habe das Buch nicht in einem durchgelesen, sondern mir immer wieder eine paar Tage Zeit gelassen, da mich die Texte sehr schmerzten, nicht nur weil sich viele Berichte mit den Erzählungen meiner Großmütter, meiner Großtanten, meiner Mutter und meiner Tanten, die alle aus dem Osten vertrieben wurden, decken. Ich glaube, dass wir Töchter jener Mütter und Großmütter eine besondere Pflicht haben, diesen Frauen Freude zu schenken, weil sie so Schreckliches erlebt haben. Dies erkennt man spätestens dann, wenn man verstanden hat, was diese Frauen geschultert haben.
Man liest vom Todesmarsch der Breslauer Mütter, liest den Brief einer jungen Breslauerin an ihre Mutter, in dem sie berichtet, wie ihr Kind in ihren Armen bei 20 Grad minus im Freien erfriert. Man liest von Flucht und Vertreibung, von einer Tragödie, die ich mich scheue, an dieser Stelle in knappen Worten wiederzugeben. All die Kinder, die in eisiger Kälte erfroren sind....schrecklich, unvorstellbar.
Thematisiert wird auch die Ankunft in der Fremde, die Vergewaltigungen von rund 2 Millionen Frauen durch die Soldaten der Roten Armee. Es werden Bilder gezeigt, die verdeutlichen, wie russische Besatzungssoldaten in Berlin Frauen auf offener Straße demütigten, bevor sie sich ihrer bemächtigten. Um Macht geht es immer bei Vergewaltigungen wie man weiß und Sieger demonstrieren nach Kriegen ihre Macht am liebsten an Frauen, weil ihnen das offenbar den größten Lustgewinn verspricht. Natürlich muss man alles vor dem Hintergrund sehen, dass die Nazis im Osten wie die Berserker gewütet haben und das Tun der Russen dem Rachegedanken entsprang. Für die betroffenen Frauen war dies schwer nachvollziehbar und ich begreife durchaus, das manche Frauen Jahre brauchten, um das zu verstehen.
Thematisiert wird die Vertreibung aus Schlesien, auch aus Polen und man hat Gelegenheit einen Originaltext von Gräfin Dönhoff zu lesen, in dem sie von ihren Flucht-Erfahrungen aus Ostpreußen berichtet. Auch andere Persönlichkeiten im Buch schreiben von der Flucht und Vertreibung aus dem Osten und ihren Erfahrungen nach dem Krieg und das in berührender Weise.
In der Folge wird der Kampf um das tägliche Brot näher beschrieben, auch von der Zuteilung von Lebensmittelkarten, von Kartoffelfeldern mitten in Berlin, den Hamstertouren, dem Schwarzmarkt und schließlich dem Hungerwinter 1946/47 und über das Überleben in den Ruinen kann man Aufschlussreiches lesen, wie auch über das tägliche Tun der Trümmerfrauen. Nicht vergessen werden darf, dass die zerbombten Städte in Deutschland eine leider notwendige Maßnahme seitens der Alliierten war, dem Terror der Nazis ein Ende zu setzen. Vielen Frauen war dies bewusst, wie das Buch verdeutlicht und sie wollten nicht zurückblicken, sondern ihr Jetzt durch den erneuten Aufbau einfach rasch wieder menschenwürdiger gestalten. Das kann ich nachvollziehen. Wenn man knietief in existenziellen Problemen steckt, bleibt keine Zeit zu trauern.
Man liest von der Sehnsucht der Frauen nach Schönheit, auch von der Beziehung mit GIs und man versteht, dass die jungen Frauen einfach ein wenig Freude haben wollten, wenn sie im "Amerika-Haus" nach dem Alltag des Steineklopfens tanzen gingen und Freundschaften zu amerikanischen Soldaten unterhielten oder einfach nur eine Möglichkeit suchten, satt zu werden.
In der Folge erfährt man, wie die Frauen begannen sich für die Demokratie einzusetzen. In diesem Zusammenhang erzählt die Zeitzeugin Hildegard Hamm-Brücher, die am 11.Mai ihren 90. Geburtstag feiern wird, sehr packend aus ihrem Leben, bevor ganz zum Schluss über die Mütter des Grundgesetzes und den Kampf um die Gleichberechtigung berichtet wird.
Ein sehr gutes Buch über die Sorgen und Nöte, aber auch über die Tapferkeit und den Mut von Frauen, die es nicht einfach hatten, in einer Zeit, wo Männer sich noch schriftlich damit einverstanden erklären mussten, dass ihre Frauen studieren durften.
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