Die kaltblütigen Methoden zur Machtsicherung in einem Unterdrückersysthem.
Als die Mauer 1961 erbaut wurde, war ich ein kleines Mädchen, das zwar intellektuell noch nicht erfasste was am 13. August vor 50 Jahren geschah, aber sehr wohl fühlte, dass man hier Menschen die Freiheit, das kostbarste Gut, das Menschen besitzen, stahl.
Die "Ostzone" empfand ich von diesem Tag an als großes Gefängnis. Als ich zu begreifen lernte, war mir klar, dass hier ein Volk von machtbesessenen Ideologen unter dem Deckmantel des Sozialismus ihres zentralen Menschenrechtes - der Freiheit- beraubt wurde und des Weiteren, dass zwischen der Stasi und der Gestapo kein wirklicher Unterschied bestand. Die Bespitzelung der Bevölkerung war ein Skandal und es ist gut, dass diesbezüglich Aufbereitung betrieben wird. Alle Täter müssen der gerechten Strafe zugeführt werden.
Die DDR war eine große Haftanstalt, in der unschuldige Menschen festsaßen und bei Fluchtversuchen kaltblütig ermordet wurden. Wie menschenverachtend die Nomenklatura und ihre Schergen mit der Bevölkerung umgingen, wird im vorliegenden Buch der Bundesstiftung für Aufarbeitung deutlich. Die Dimensionen der Niedertracht sind mir seit gestern Abend noch bewusster geworden, seit ich mich in Einzelschicksale vertiefte. Mein ganze emotionale Anteilnahme gilt denen, die in der ehemaligen DDR unter dem Stasiterror gelitten haben und jenen mutigen Menschen, die für die Freiheit ihr Leben riskierten.
Herausgeber dieses reich bebilderten Buches ist Kai Diekmann, als Autoren werden Ulrich Mählert, Ralf Georg Reuth und Hans-Wilhelm Saure genannt. Das Buch enthält insgesamt 14 Kapitel. Zunächst wird der Weg zur Mauer thematisiert. Hier auch erfährt man, dass die DDR-Mangelwirtschaft und die ideologische Gängelung in den 1950er Jahren dazu führten, dass jährlich rund 150 000 zumeist junge Menschen das Land verließen. Hätten sich die Genossen nicht dazu entschieden ihr Volk 1961 einzukerkern, hätten außer einigen zugebretterten Ideologen und mitlaufenden Leisetretern vermutlich schon zu Beginn der 1970er Jahre keine Menschen mehr im Osten gewohnt. Wer will sich schon dauerunterdrücken lassen?
Ausführlich wird über die Geschehnisse des 13. August berichtet. Ein ehemaliger, damals noch junger Panzerfahrer, der nach Berlin abkommandiert war, fühlt sich noch heute von der SED missbraucht und sagt "Ich bin nicht stolz darauf, als Soldat am 13. August 1961 in Berlin dabei gewesen zu sein. Ich habe oft gesagt, ich trage Mitschuld daran, dass die Mauer gebaut wurde- zum Glück ist sie längst Geschichte",(Zitat: S.22).
Stefan Heyde, damals ein 14 jähriger Junge in Berlin, schreibt:"Doch als wir im August eingemauert wurden, konnte ich das einfach nicht verstehen. Ich war fassungslos und fühlte mich umzingelt. Ich hatte Angst", (Zitat: S.25).
Berichte von Zeitzeugen decken sich zumeist im Gefühl in einem großen Gefängnis gelebt zu haben. Die Gefängniswärter bereicherten sich an ihren Gefangenen, das muss jedem klar sein und ich frage mich auf welche Weise deren erbeutete Gelder noch heute weiß gewaschen werden.
Man liest von den Reaktionen auf den Mauerbau, von den Protestdemonstrationen am Schöneberger Rathaus, wo der damals regierende Berliner Bürgermeister, enttäuscht von den Schutzmächten, am 16.8.1961 vor dem Schöneberger Rathaus vor 300000 Menschen sprach. Die Situation in Berlin, wo sich amerikanische und russische Panzer gegenüberstanden, war mehr als nur bedenklich. Immerhin wurde der SED-Führung von sowjetischer Seite untersagt, durch provozierende Maßnahmen die alliierten Rechte in Berlin zu demontieren.
Das Kapitel IV ist der Repression und Flucht gewidmet. Hier auch erfährt man, dass trotz der Propaganda der SED in Ost-Berlin und in der DDR überall Protest und Widerstand gegen die Abriegelung der Grenzen zu West-Berlin aufkam. An den Hauswänden sollen Losungen zu lesen gewesen sein wie "Weg mit Ulbricht" und "Russen raus", (Zitat: S.43).
Am 24. August 1961 dann fielen die ersten tödlichen Schüsse an der Mauer und bis Ende Oktober des gleichen Jahres sterben 15 Menschen beim Versuch in die andere Hälfte Berlins zu gelangen. Am 31. Dezember 1961 sind es bereits 27 Todesopfer, 23 davon allein in Berlin, (vgl.: S.50). Es war eine Farce, dass sich die Ostzone demokratisch nannte. Die SED hat demokratische Grundüberzeugungen mit ihrem rücksichtslosen Vorgehen an der Sektoren und Zonengrenze bis zu ihrem Ende mit Füßen getreten.
Informiert wird man in der Folge über den Grenzausbau 1961-69, auch hier gibt es wieder erschütternde Zeitzeugenberichte. Man liest von Zwangsumsiedungen im Grenzgebiet (12 000 Menschen sind ihrer Heimat beraubt worden, vgl.: S. 64) und der perversen Verminung des so genannten Schutzstreifens. Menschenverachtung pur.
In einem der Folgekapitel erfährt man, dass der Druck auf die Bevölkerung im SED-Staat seit dem Mauerbau wuchs. Aufgrund der Rund-um- die Uhr- Bespitzelung war es nur möglich im Alleingang aus dem Kerker zu fliehen. Man liest von der Fluchthelferszene, die sich entwickelte und von all den Flüchtenden, die die Demarkationslinie auf direktem Weg zu überqueren suchten. Auch hier hat man Gelegenheit Zeitzeugenberichte zu lesen. Vom 13. August 1961 bis zum 13. August 1989 gelang es immerhin 40 133 Menschen aus dem Unterdrückungsstaat zu fliehen.
Das traurigste Kapitel im Buch ist das VIII. Dieses Kapitel nämlich ist den Toten an der Grenze gewidmet, allein an der Berliner Mauer starben mindestens 136 Menschen. Irmgard Bittner berichtet von ihrem Sohn, der an der Mauer von zwei Kugeln in den Rücken getroffen wurde. Heimtücke, Hinterhalt und Bespitzlung waren Methoden der SED, die kaltblütig angewandt wurden, um ihre Macht zu sichern.
Die Verfolgung von Regimegegnern wie den Bürgerrechtler Roland Jahn wird ausführlich dargelegt. Es steht außer Frage, dass es sich bei dem SED-Regime um ein Terrorregime handelte, das sein Volk ausbeutete und die gleichen Unterdrückungsstrategien anwandte wie einst die Nazis.
Wie die armen, gefangen gehaltenen Bürger dieses Staates mit der Mauer lebten und sich 1989 endlich aus dem Joch des SED-Regimes befreiten, wird im Buch ebenfalls sehr gut aufgezeigt.
Ein Buch, das ich jedem empfehle, speziell auch jenen Leisetretern im SED-Regime, die als IM ihre Arbeitskollegen und Nachbarn bespitzelten, um sich einen kleinen Vorteil zu verschaffen. Scham scheinen diese Egomanen nicht gekannt zu haben.
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