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Rezension: Lüge - Vom Wert der Unwahrheit (Gebundene Ausgabe)

John J. Mearsheimer konstatiert gleich zu Beginn seines Buches, dass es eine Vielzahl von Büchern über das Lügen gibt, aber kaum eines, das sich explizit mit der Lüge in der internationalen Politik beschäftigt. Damit dies nicht länger so bleibt, hat der Autor im vorliegenden Text sich genau mit diesem Phänomen auseinandergesetzt.


Nach Kant ist die Lüge die "größte Verletzung der Pflicht des Menschen gegen sich selbst." Utilitaristen sind da etwas anderer Meinung und halten fest, dass Lügen durchaus sinnvoll sein kann, wenn sie einem nützlichen sozialen Zweck dienen, (vgl.: S,16).


Mearsheimer beurteilt die internationale Lüge aus einem strikt utilitaristischen Blickwinkel, primär, weil zwingende Rechtfertigungsgründe für sie vorliegen, wie man historisch nachweisen kann, (vgl.:S.16).
Der Autor hält zunächst fest, dass Regierungen in auswärtigen Angelegenheiten sowohl strategisch als auch aus egoistischen Motiven lügen. Mearsheimer interessieren im Buch allerdings nur die strategischen Lügen, auf die er in der Folge dann näher eingeht.


Das Buch setzt sich aus neun Kapiteln zusammen und beginnt mit einer Definition der Lüge und der beiden anderen Formen der Täuschung: der Verheimlichung und der Schönfärberei. Anschließend breitet er das Inventar internationale Lügen aus und unterzieht dann in 5 Kapiteln jede Art des strategischen Lügens einer genaueren Untersuchung, thematisiert dann die Fallstricke internationaler Lügen und wartet schlussendlich mit einer Einschätzung auf, welche Arten von Lügen am wahrscheinlichsten das Gegenteil des Bezweckten erreichen, die Außenpolitik des Landes aushebeln und welche Lügen am ehesten innenpolitischen Schaden anrichten, (vgl.:18ff).


Mearsheimer hält fest, dass die Wahrheit zu sagen bedeutet, die Fakten nach bestem Wissen und Gewissen ehrlich und offen zu artikulieren. Lügen bedeutet, wenn jemand etwas äußert, von dem man weiß oder vermutet, dass es falsch ist, in der Hoffnung der andere werde es als bare Münze nehmen. Lügen kann heißen, Fakten zu erfinden, von denen man weiß, dass sie falsch sind, oder Fakten zu leugnen, von denen man weiß, dass sie wahr sind, (vgl.: 21ff).


Der Autor bringt zum Ausdruck, dass Schönfärberei nicht gleich Lüge sei, sondern es sich um eine Übertreibung oder Verzerrung, so doch keine Verdrehung der Wahrheit handele. Dennoch, Lüge, Schönfärberei und die Unterschlagung von Informationen sind allesamt Formen der Täuschung. Dabei gehören in der Praxis zu Täuschungskampagnen neben Lügen immer auch Schönfärberei und Verheimlichung, (vgl.:S.27).


Zum Inventar der internationalen Lüge listet Mearsheimer nachstehende Kriterien auf und erläutert diese jeweils ausführlich und gut nachvollziehbar:

-Zwischenstaatliche Lügen

-Die strategische Vertuschung

-Nationalstaatliche Mythen

-Völkerrechtslügen

-Sozialer Imperialismus

-Schändliche Vertuschungen

Vertuschungen werden dann vorgenommen, wenn Regierungen ihrer Unfähigkeit, die für das Scheitern von Politik verantwortlich ist, nicht zugeben wollen, weil sie aus strategischen Erwägungen feindlichen Ländern keine Gelegenheit bieten möchten, die Schwäche auszunützen oder aber weil verhindert werden soll, dass die Beziehungen zu anderen Ländern Schaden nehmen, (vgl.: S.81).

Der Autor zeigt an Beispielen, dass Regierungen auch lügen, um kontroverse Politik zu verschleiern, die sie zwar für strategisch geboten erachten, allerdings vor ihrer eigenen Öffentlichkeit und aus bestimmten Gründen von anderen Staaten verborgen halten möchten, (vgl.: 84).

Nachdenklich sollten Politiker die Reflektionen über die Nachteile internationaler Lügen, die Risiken nationaler Mythenbildung, die potentiellen Kosten von Völkerrechtslügen, die Fallstricke strategischer Vertuschung und dergleichen mehr stimmen. Lügen ist immer eine Schwäche, dessen sollten sich Politiker bewusst sein.

Dennoch, lügen scheint mitunter als Mittel der Staatskunst unumgänglich zu sein. Sie als strategisches Mittel einzusetzen, bedarf einer wirklich hohen Verantwortung, zur der nur die wenigsten utilitaristischen Politiker wirklich in der Lage sind.

Ein Text, der sehr nachdenklich macht.

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